Die Bischöfin habe Bezug auf Kernsätze der Bibel genommen, dass Gott die Menschen lehre, gegenüber Fremden barmherzig zu sein. Budde, anglikanische Episkopalbischöfin von Washington, hatte mit ihrer Predigt bei einem interreligiösen Dankesgottesdienst in der Nationalkathedrale in Washington am Dienstag für Aufsehen gesorgt. Sie richtete eine Bitte an den mit grimmigem Gesichtsausdruck vorn in der Kirche sitzenden Trump, der tags zuvor in der Hauptstadt seinen Amtseid abgelegt hatte: Er möge Mitleid haben mit den "Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben".
Budde äußerte sich auch zu den geplanten Massenabschiebungen von Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus in den USA. Der Präsident möge sich barmherzig zeigen gegenüber den Menschen. Kinder hätten Angst, dass ihnen die Eltern weggenommen würden. Die überwältigende Mehrheit der Menschen ohne Papiere sei nicht kriminell, sondern sie seien Nachbarn. Die Bischöfin habe damit den mit seiner Familie und der ganzen neuen Führung anwesenden US-Präsidenten mit einem Kernanliegen der Bibel direkt angesprochen, erklärte Bedford-Strohm.
Dass Bischöfin Budde dies in dieser Situation so direkt gegenüber dem mächtigsten Mann der Welt zur Sprache gebracht habe, "war mutig", so der frühere bayerische Landesbischof Bedford-Strohm. Es erinnere an die Szene von der Begegnung des Propheten Nathan mit dem König David, die in 2. Samuel 12 in der Bibel berichtet wird und in der der Prophet den König in einer Strafrede direkt konfrontiert, weil er die Schwachen mit Füßen getreten hat.
"Wie ich eben lese, hat ein Republikaner bereits die Deportation der Bischöfin gefordert", so Bedford-Strohm. Diese sicher extreme Äußerung stehe für die Stimmung, die gegenwärtig in den USA unter den Anhängern des Präsidenten herrscht. "Er ist von 31 Prozent der wahlberechtigten Amerikaner gewählt worden. 30 Prozent haben anders gewählt. Die USA sind jetzt nicht Trump-Land", gab Bedford-Strohm zugleich zu bedenken. Viele Amerikaner würden jetzt die Demokratie gegen autoritäre Bestrebungen verteidigen.