In einer "aktuellen Stunde" hat die Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg am Freitag über den aktuell diskutierten Gesetzentwurf zum Paragraf 218 diskutiert. Der von SPD und Grünen initiierte Entwurf will Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen aus dem Strafgesetzbuch herausnehmen. Die Pflicht zur Beratung soll bleiben, aber die dreitägige Bedenkzeit entfallen. Der Abbruch soll künftig generell von den Krankenkassen bezahlt werden.
Falle die dreitägige Bedenkzeit, so Steffen Kern, werde die Beratung ausgehöhlt: "Eine verantwortungsvolle Entscheidung braucht ein Innehalten." Kern sprach sich auch für eine Beratung bei medizinischer Indikation aus: "Sonst ist das Leben mit potenzieller Behinderung weniger geschützt." Die "novemberliche Nacht-und-Nebel-Aktion" der Parlamentarier sei letztlich verantwortungslos: "Eine solche Entscheidung braucht Zeit."
Martina Klärle erinnerte daran, dass bei der Prognose "wahrscheinlich behindert" nach einer Untersuchung bei 30 Prozent der Ungeborenen gar keine Behinderung vorliege. "Und auch bei den anderen 70 Prozent müssen wir ganz genau hinschauen."
Große Einigkeit herrschte bei den Synodalen darüber, dass die Beratung bleiben muss. 93 Prozent der bei den kirchlichen Stellen beratenen Frauen sprächen sich dafür aus, dass die Beratung bleibt, sagte Christiane Mörk.
Für Maike Sachs verbietet sich eine "Entscheidung unter Zeitdruck, im Wahlkampf". Sie wurde zudem sehr persönlich: "Die Ärzte haben meiner Mutter zum Abbruch geraten. Sie ließ die Frist verstreichen. Sie konnte es, weil sie in eine verlässliche Beziehung eingebettet war."
"Wo kommen darin die Männer vor?"
Mehrfach gab es den Appell, an der Seite der betroffenen Frauen zu stehen, egal, wie sie sich entscheiden. Anja Faißt und weitere Synodale wollen, dass sich die Kirchen für bessere Rahmenbedingungen für Familien einsetzen. "Lasst uns Rahmenbedingungen schaffen, die Lust darauf machen, Kinder zu bekommen", sagte Anette Rösch.
Annette Sawade verteidigte den Gesetzesentwurf. Aus ihrer Sicht wäre es "eine Katastrophe, wenn wir unter neuen Bedingungen hinter die die heutige Lösung zurückfallen". Für Antje Fetzer-Kapolnek sind die Veränderungen durch den Gesetzentwurf "nicht so groß". Im Vorfeld seien weit radikalere Änderungen diskutiert worden, bis zur 22. Woche und ohne Beratungspflicht.
Gabriele Schöll will die "Unverfügbarkeit des Lebens mehr ins Bewusstsein bringen". Denn: "Gott ist ein Freund des Lebens." Für Matthias Hanßmann hat der Gesetzentwurf einen großen Mangel: "Wo kommen darin die Männer vor? Das ist unbedingt nötig." Gunther Seibold forderte, Verhütung nicht alleine den Frauen zuzuschieben. Außerdem seien manche Verhütungsmethoden nicht so sicher, wie oft geglaubt: Manchmal sei Enthaltsamkeit die bessere Lösung.
Annette Noller, Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, widersprach der Auffassung, die Gesetzesänderung sei nötig, um betroffene Frauen aus dem Bereich der Strafbarkeit zu befreien. Sobald eine Frau zur Beratung gehe, sei sie schon heute zu keinem Zeitpunkt innerhalb der Strafbarkeit.