Nach dem Bruch eines Kirchenasyls im Kreis Viersen hat das nordrhein-westfälische Fluchtministerium den Stopp der Rücküberstellung des betroffenen irakischen Ehepaars nach Polen begrüßt. "Das Land hat sich hier aktiv eingebracht und stets betont, dass das Institut des Kirchenasyls einen wichtigen Beitrag leistet, um in schwierigen Einzelfällen Lösungen zu finden, die auf der einen Seite den rechtlichen Rahmen wahren und gleichzeitig besondere Härten verhindern können", teilte das Ministerium dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Montagabend, 24. Juli, mit.
"Davon losgelöst wird das Land die landesbezogenen Abläufe in Fällen des Kirchenasyls zeitnah aktualisieren und dazu den Erlass zum Kirchenasyl erneuern und darin die seit Jahren bekannte und weiterhin vertretene Rechtsauffassung des Landes zu Fällen des Kirchenasyls noch mal aufbereiten", erklärte das Ministerium. Zudem wolle das Land den in Corona-Zeiten ausgesetzten Dialog mit Landeskirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zeitnah fortsetzen.
Der Fall hatte Aufsehen erregt, weil die Behörden entgegen einer Vereinbarung zwischen dem Land NRW und der rheinischen Landeskirche die Eheleute bei einer unangekündigten Hausdurchsuchung am 10. Juli in der evangelischen Kirchengemeinde Lobberich/Hinsbeck in Haft genommen hatten. Das kurdische Paar sollte danach vom Flughafen Düsseldorf aus nach Polen gebracht werden. Wegen eines Zusammenbruchs der Frau wurde die Rücküberstellung damals aber abgebrochen.
Stattdessen war eine Rücküberstellung für Dienstag geplant. Diese sagte die Stadt Viersen allerdings abgesagt. "Da die Überstellungsfrist am 25. Juli 2023 abläuft, geht das Asylverfahren nun auf die deutschen Behörden über", erklärte die Stadt. "Die Abschiebehaft ist aufgehoben." Noch kurz zuvor hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf einen Eilantrag gegen die Abschiebung abgelehnt, wie der Anwalt der Flüchtlinge dem epd mitteilte.
Die Viersener Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) erläuterte, dass sich am Wochenende Unklarheiten in der Bewertung einzelner Elemente des Falles insbesondere in der Abstimmung mit dem Land NRW ergeben hätten. Diese sollten zunächst geklärt werden. "Das geht nicht unter dem durch den Abschiebetermin vorgegebenen Zeitdruck", sagte sie. Gleichzeitig betonte sie, dass die Ausländerbehörde der Stadt den Fall "rechtlich einwandfrei und absolut sauber abgearbeitet" habe.
Weiter für kirchliche Schutzräume eintreten
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl und kirchliche Vertreter begrüßten den Stopp der Rücküberstellung. Doch vielen weiteren Asylsuchenden in Deutschland drohe die Rückstellung, "obwohl sie in Polen Grenzgewalt und Pushbacks erlebt haben", sagte die rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl, Wiebke Judith. Die Vorstandsvorsitzende der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, Pastorin Dietlind Jochims, erklärte: "Wir begrüßen die angekündigte Rückkehr zu Gesprächen mit der Landesregierung und werden weiterhin für kirchliche Schutzräume und Humanität eintreten, wo es nötig ist."
Die Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Lobberich/Hinsbeck, Elke Langer, zeigte sich erleichtert. "Ich freue mich darauf, sie wiederzusehen und hoffe, dass sie nun etwas Ruhe finden und sich von den letzten Wochen erholen können", betonte sie. "Wir haben es zu keinem Zeitpunkt bereut, die beiden aus humanitären Gründen im Kirchenasyl aufgenommen zu haben." Die vergangenen Wochen hätten vielmehr verdeutlicht, wie wichtig dieser Schutzraum für viele Betroffenen sei.