Der EKD-Flüchtlingsbeauftragte, Bischof Christian Stäblein, erklärte am Dienstag in Hannover, Haftanstalten an den EU-Außengrenzen und die Abschiebung in vermeintlich sichere Drittstaaten gehörten nicht dazu.
Der Berliner Bischof forderte die Bundesregierung auf, sich für Änderungen der beschlossenen "massiven Einschränkungen" des Flüchtlingsrechts einzusetzen. Die Innenministerinnen und Innenminister der EU-Staaten hatten sich vorletzte Woche nach jahrelangen Verhandlungen auf eine Reform des europäischen Asylsystems geeinigt.
Die Vereinbarung sieht einen verbindlichen Mechanismus mit dem Ziel einer gerechteren Verteilung Schutzsuchender auf alle EU-Staaten vor. Die geplante Reform enthält aber auch Asylrechtsverschärfungen. Insbesondere die geplanten Grenzverfahren, die Asylverfahren vorgeschaltet werden sollen, um Menschen ohne Schutzberechtigung schnell wieder zurückschicken zu können, sorgen für Kritik.
Stäblein forderte angesichts gestiegener Flüchtlingszahlen eine solidarische Asylpolitik. "Überleben geht nur gemeinsam, gerechte Gemeinschaft geht nur global, wir sind eine Welt", erklärte der Bischof. Insbesondere betonte er, dass Familien zusammengehörten: Das Recht auf Familiennachzug müsse gewährt werden, damit Menschen gut in der neuen Heimat ankommen könnten.
Die EKD hat ihre Positionen zur Flüchtlingspolitik in "Zehn Überzeugungen zu Flucht und Integration aus evangelischer Sicht" zusammengefasst. Das 2017 erstmals vorgelegte Papier wurde nun überarbeitet. Damit wolle die EKD in den aktuellen Debatten um das europäische Asylrecht, den Flüchtlingsschutz und die Aufnahme von Schutzsuchenden Orientierung geben, hieß es.
Trauermarsch in Berlin gegen Asylkompromiss
Mit einem symbolischen Trauermarsch hat die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl im Berliner Regierungsviertel gegen den Asylkompromiss der Europäischen Union protestiert. Knapp 100 Demonstranten zogen Polizeiangaben zufolge am Dienstag mit drei Särgen vom Bundesinnenministerium zum Reichstagsgebäude. Anlässlich des Weltflüchtlingstags trugen sie Transparente mit Slogans wie "Werdet nicht zu Totengräberinnen - Kein Asylkompromiss 2.0" und "Keine Kompromisse ohne Menschlichkeit".
Mit der geplanten Reform würde geflüchteten Menschen in Europa der Zugang zu rechtsstaatlichen Asylverfahren verwehrt, kritisierte Pro Asyl. Bei dem anstehenden Gesetzgebungsprozess in Brüssel müsse die Bundesregierung die Zustimmung zu dem Kompromiss verweigern.
Die EU-Innenminister hatten sich vor knapp zwei Wochen auf eine Verschärfung des Asylrechts verständigt. Ein zentraler Punkt ist die Einführung von Grenzverfahren an der EU-Außengrenze. Diese sollen den Asylverfahren vorgeschaltet werden. Dabei wird zunächst formal geprüft, ob Schutzsuchende einen Asylantrag stellen dürfen. Sie müssen so lange in den Erstaufnahme-Lagern bleiben. Deutschland, Irland, Luxemburg und Portugal dringen weiter auf Ausnahmen für Minderjährige und ihre Familienangehörigen.