Der Beauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Flüchtlingsfragen fügte hinzu: "Wir können nicht ernsthaft eine Situation wollen, wo Familien an den Grenzen stehen gelassen werden."
Stäblein zeigte sich enttäuscht, dass sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei den Beratungen der EU-Innenminister und -ministerinnen am Vortag in Luxemburg mit ihren Forderungen nach Ausnahmen für Minderjährige und deren Familienangehörige nicht durchsetzen konnte. Der EKD-Flüchtlingsbeauftragte appellierte an die EU-Parlamentarier, im Zuge des anstehenden Gesetzesverfahrens "Mut zu einer humanen Flüchtlingspolitik" zu zeigen und den Schutz der Hilfebedürftigen zu stärken. Dies sei "im Namen der Menschenwürde" unabdingbar.
Die EU-Innenminister hatten sich am Donnerstag in Luxemburg nach langen Verhandlungen auf eine Verschärfung des Asylrechts verständigt. Ein zentraler Punkt ist die Einführung von Grenzverfahren an der EU-Außengrenze. Diese sollen den Asylverfahren vorgeschaltet werden. Dabei wird zunächst formal geprüft, ob Schutzsuchende einen Asylantrag stellen dürfen. Sie müssen so lange in den Erstaufnahme-Lagern bleiben. Deutschland, Irland, Luxemburg und Portugal dringen weiter auf Ausnahmen für Minderjährige und ihre Familienangehörigen.
Die Vorschläge der EU-Innenminister sollen die Zahl der Asylbewerber mit geringen Bleibechancen reduzieren und Abschiebungen vereinfachen. Daneben soll ein Solidaritätsmechanismus eine fairere Verteilung von Schutzsuchenden innerhalb der EU ermöglichen.
Stäblein zeigte Verständnis für die Sorgen der Kommunen, angesichts hoher Flüchtlingszahlen an die Grenze ihrer Aufnahmekapazitäten und Integrationsmöglichkeiten zu kommen. Diese Fragen müssten ernst genommen werden, dürften aber nicht mit humanitären Fragen verknüpft werden. Stäblein verwies in diesem Zusammenhang auf den weitgehend erfolglosen Gipfel von Bund und Ländern zu dieser Frage von Mitte Mai. In der Diskussion den Fokus auf eine schnellere und effizientere Abschiebung von Schutzsuchenden ohne Asylanspruch zu legen, sei insgesamt "ein falscher Zungenschlag", sagte Stäblein. Im Vordergrund müssten das Recht auf Asyl und eine humane Migrationspolitik stehen.