Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen wollen trotz der neu beschlossenen harten Einschränkungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie auch weiterhin Gottesdienste in Kirchen feiern. "Auch bleiben viele Kirchen als Orte des stillen Gebets geöffnet, um Menschen gerade in dieser Situation einen Raum der seelischen Stärkung zu eröffnen", sagte der Sprecher der hannoverschen Landeskirche, Benjamin Simon-Hinkelmann, am Donnerstag auf epd-Anfrage. Dabei würden die Hygienekonzepte noch einmal verschärft.
Anders als noch im Frühjahr sehen die Vereinbarungen von Bund und Ländern zu den neuen Beschränkungen diesmal keine Verbote von Gottesdiensten vor. Wichtig sei, dass auch kirchliche Angebote für Kinder, Kranke und Senioren weiter möglich seien, unterstrich Simon-Hinkelmann. Dazu zählten die Seelsorge in Altenpflegeheimen und Krankenhäusern sowie Begegnungsangebote für Kinder und Jugendliche.
Alle Kirchengemeinden hätten "mit aller Vorsicht" Hygienekonzepte entwickelt, betonte der Oldenburger Kirchensprecher Dirk-Michael Grötzsch. Die oldenburgische Kirche wolle auch mit Blick auf den Reformationstag an diesem Sonnabend weitgehend an geplanten Gottesdiensten festhalten. Zum Beispiel wollen die Kirchen im Oldenburger Land einen zentralen ökumenischen Gottesdienst feiern. Allerdings hätten einzelne Gemeinden zum Beispiel Konzerte abgesagt. "Darüber hinaus gilt weiterhin die Empfehlung, mit neuen Formen von Gottesdiensten - digital und analog - fortzufahren und die guten, kreativen und innovativen Formen der Verkündigung weiterzuentwickeln."
Auch die Evangelisch-reformierte Kirche mit Sitz in Leer will ihren Gemeinden empfehlen, weiterhin Präsenzgottesdienste zu feiern. "Wir sind sehr froh darüber, dass wir dem Bedürfnis vieler Menschen entgegenkommen können, gerade in dieser Zeit in der Kirche als einem Trostraum zusammenzukommen", sagte Kirchenpräsident Martin Heimbucher. "Wir sind uns dabei unserer hohen Verantwortung bewusst, das Risiko von Infektionen mit dem Coronavirus so weit wie möglich zu minimieren." Bei der Anpassung der Hygienekonzepte gehe es unter anderem darum, dem hohen Infektionsrisiko beim Singen verstärkt Rechnung zu tragen.
"Auf Sicht" fahren und Einzelfallentscheidungen treffen
Die neue Corona-Verordnung des Landes werde auch die Kirchen intensiv beschäftigen, sagte der Braunschweiger Kirchensprecher Michael Strauß. Unabhängig davon würden ohnehin "alle kirchlichen Akteure umsichtig und verantwortungsbewusst entscheiden, welche Veranstaltungen angesichts der jeweiligen Gegebenheiten vor Ort durchführbar sind und welche unterbleiben sollten".
Auch die bremische Kirche will an Präsenzgottesdiensten festhalten. "Wir stellen uns selbstverständlich auf die verschärfte Situation ein", erklärte Bremens leitender evangelischer Theologe Bernd Kuschnerus. Dazu gehöre es auch, Angebote "auf Sicht" zu fahren und immer wieder vor Ort in Gemeinden und Einrichtungen im Einzelfall zu entscheiden, was in welcher Form stattfinden könne.
Kritik für Gottesdienstabsagen im Frühjahr
Im Frühjahr hatten die Kirchen in Niedersachsen und Bremen bereits einige Tage vor dem offiziellen Verbot empfohlen, Gottesdienste in den Kirchen abzusagen. Dafür erhielten sie auch Kritik. Seit Mai sind die religiösen Feiern wieder möglich. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht das pauschale Verbot für Niedersachsen gekippt.
Zwar waren deutschlandweit vereinzelt Corona-Ausbrüche nach Gottesdiensten vor allem in Freikirchen bekanntgeworden. In Niedersachsen aber hat die Polizei nach Angaben des Innenministeriums in den Kirchen bislang nur sehr wenige Verstöße gegen die Corona-Abstands- und Hygieneregeln festgestellt. Eine belastbare Aussage über die Zahl der Kontrollen in Kirchen und kirchlichen Einrichtungen könne allerdings nicht getroffen werden, sagte ein Sprecher dem epd. Insgesamt machten diese Überprüfungen zurzeit einen sehr kleinen Teil aus.