Bedford-Strohm und Marx betonten zugleich, trotz aller Beschränkungen müssten die Kirchen in der Krise nahe bei den Menschen sein und gesellschaftliche Gräben überwinden. Es sei für sie ein großes Dilemma gewesen, dass Menschen am Anfang der Pandemie einsam gestorben seien, weil zu wenig Schutzkleidung zur Verfügung stand, sagte der bayerische Landesbischof Bedford-Strohm, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Nach einer gewissen "Schockstarre" habe die Kirche allerdings reagiert und mit neuen digitalen Formaten oder der alten Postkarte Nähe zu den Menschen gesucht. Seelsorge beruhe jedoch in erster Linie auf dem persönlichen Kontakt zwischen Menschen.
Kardinal Reinhard Marx betonte, dass die Kirche Brücken bauen müsse in einer "globalen, kollektiven Krise", wie sie die Menschen noch nie erlebt hätten. Die Pandemie habe allerdings Tendenzen beschleunigt, die bereits vorher unter der Decke gebrodelt hätten, sagte Marx, der bis zum Frühjahr auch Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz war.
Die bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) sagte, in einer Krise würde eine Minderheit lauter, während man die "schweigende Mehrheit" nicht höre. Die Situation sei politisch aufgeheizt. Die Demonstrationen gegen die Corona-Beschränkungen seien eine "bunte Mischung". Neben extremen Ausrichtungen gebe es auch Menschen, deren Sorgen und Ängste ernstgenommen werden müssten. In dieser Situation sollten die Kirchen Ansprechpartner für seelische Nöte sein.