Hefte raus zum Bibeldiktat!

Hefte raus zum Bibeldiktat!

Es gibt Christen, die sind überzeugt davon: Die Bibel wurde direkt von Gott Wort für Wort diktiert. Schließlich ist sie ja auch die „Heilige Schrift“. Ähnlich ist ja auch der Koran im Islam dem Propheten von einem Engel direkt eingegeben worden. Für Menschen, die die Bibel wörtlich nehmen, gilt: Jedes Wort, das da steht, ist eindeutig Gottes Wort. Da darf es auch keine Zweifel geben, so etwas wäre ja Verrat am eigenen Glauben. Glauben und Zweifel oder auch nur kritisches Hinterfragen: Das schließt sich für diese Menschen gegenseitig aus.

Gerade in fundamentalistischen Kreisen ist diese Einstellung weit verbreitet; in den USA nach meiner Wahrnehmung noch viel mehr als bei uns in Europa. Allerdings ergeben sich für die Anhänger dieser Theorie doch große Probleme: Wie sollen sie damit umgehen, dass manche Berichte sich offenbar widersprechen? 

 

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Zu vielen Themen stehen unterschiedliche Aussagen in der Bibel. Da gibt es zwei verschiedene Stammbäume Jesu (klar, einen vom Vater, einen von der Mutter). Da gibt es zwei Schöpfungserzählungen, in einer wird zuerst Adam erschaffen, dann die Tiere, dann Eva. In der anderen erschafft Gott als letztes Schöpfungswerk die Menschen, „und er schuf sie als Mann und Frau“. Einer der ersten Widersprüche, die den Theologen schon vor Jahrhunderten auffielen, ist dieser: Mose, der (vermeintliche?) Autor der fünf Bücher Mose, muss es irgendwie geschafft haben, die Bücher im Himmel fertig zu schreiben – denn in den Büchern wird schließlich auch sein Tod beschrieben. 

 

Ob das wirklich so war, dass Gott die Bibel verschiedenen Menschen wörtlich diktierte? Nun ja, wenn er Gott ist, dann liegt es sicher im Bereich seiner Möglichkeiten. „Prophetenklasse, Hefte raus, wir schreiben ein Diktat!“ Und dann sitzen sie da und schreiben mit Feuereifer die heiligen Worte nieder, die ihnen der Geist Gottes direkt eingibt.

Sind ihnen dabei Fehler unterlaufen? So, wie es in jeder Klasse beim Diktat, sagen wir mal: unterschiedliche Lösungsansätze gibt? Nein, bei einem göttlichen Diktat ist das nicht möglich. Daher müssen offensichtliche Widersprüche irgendwie wegerklärt werden. Ich muss gestehen, ich weiß in vielen Fällen auch nicht, wie Menschen, die dieser so genannten „Verbalinspiration“ anhängen, das im Einzelfall für sich lösen, so dass sie die Bibel am Ende wieder als widerspruchsfrei ansehen können.

Spannend wird es dann, wenn die Bibel auch im offensichtlichen Widerspruch zu den Erkenntnisen der Naturwissenschaft steht. Was ist mit den Dinosauriern? Die werden in der Bibel nicht erwähnt, mit keinem Wort. Und so ganz nebenbei würden sie ja auch die Evolutionstheorie stützen, die wiederum nur sehr schwer mit der Schöpfungserzählung in Einklang zu bringen ist. Na ja, die Erklärung ist doch ganz einfach – wenn man erst einmal drauf gekommen ist: 

Gott hat die armen Dinos vergraben, um unsere Glaubensfestigkeit zu prüfen. Wir dürfen nicht darauf hereinfallen und bloß wegen so ein paar seltsamen Überresten ausgestorbener Tiere nun den Verlockungen der teuflischen Evolutionstheorie verfallen. 

Gut, na ja, warum auch nicht. Ich denke auch, dass Gott durchaus Humor hat. Aber uns mit vergrabenen Urzeitwesen hinters Licht führen? Ich weiß nicht so recht. Zu meinem Gottesbild passt das nicht.

Natürlich sind diese vielen Widersprüche in der Bibel auch ein gefundenes Fressen für die Kritiker des Christentums. „Schaut her, daran haltet ihr euch? Das soll Gottes Wort sein? So voller Widersprüche, das kann nur Menschenwerk sein.“ Mit geradezu diebischer Freude suchen sie jeden kleinen Fehler, werden zu größeren Bibelexperten als viele, die sich Christen nennen. Ein schönes Beispiel dafür ist das kleine Video, das (leider auf Englisch) viele biblische Widersprüche sehr humoristisch aufgreift. Ich hatte sogar mal eine Android-App auf meinem Handy, die alle möglichen biblischen Widersprüche akribisch auflistete.

Kann man die Bibel heutzutage denn so verstehen, so wörtlich, dass jedes Wort darin wirklich von Gott stammt? Offensichtlich kann man das, es gibt ja schließlich genügend Christen, die genau das tun. Und ganz ernsthaft: Ich möchte diesen Menschen auch nicht ihren Glauben nehmen oder streitig machen. Nur: Ich kann so nicht glauben. Ich glaube, dass wir genauer hinter die Texte sehen müssen, was die Bibel uns wirklich sagen will. Wie? Darüber mehr in den nächsten Wochen. 

Zum nächsten Teil: Realer Bibelkuchen und inspirierte Schokolade