22 Songs mit himmlischen Botschaften

Uwe Birnstein mit Gitarre
Julia Baumgart
Der Theologe, Journalist und Musiker Uwe Binstein hat sich mit religiösen Botschaften in Popsongs beschäftigt und darüber ein Buch veröffentlicht.
"Highway to heaven"
22 Songs mit himmlischen Botschaften
Was haben Lieder von Taylor Swift, Madonna oder Depeche Mode mit Spiritualität und Glauben zu tun? Einiges, sagen die Autoren des Buches "Highway to Heaven", Uwe Birnstein und Volker Eichener. Im Interview mit evangelisch.de Redakteurin Katja Eifler spricht Uwe Birnstein über die himmlischen Botschaften, die nicht nur in engelssanften Tönen zu uns kommen.

evangelisch.de: Herr Birnstein, seit vielen Jahren schon sind sie ein glühender Musikliebhaber. Was hat eigentlich für Sie den Anstoß gegeben, sich mit christlichen Inhalten von Musik auseinanderzusetzen?

Uwe Birnstein: Musik und Glaube sind meine beiden Lebensthemen von Jugend an. Immer wenn es in Pop- und Rocksongs um Gott oder Glaubensthemen ging, wurde ich hellhörig und blieb den Songs und den Künstlerinnen und Künstlern auf der Spur. Was das Leben und die Liebe mit Gott zu tun hat – die Antworten aus der Popwelt fand ich meist inspirierender als Predigten. Ich wurde Journalist – und in den letzten Jahren habe ich viele Songs des Soundtracks meines Lebens zusammengetragen und wollte ihrer Faszination auf den Grund gehen. Ich schrieb "spirituelle Biografien" über meine Wegbegleiter und Brüder im Geiste: Leonard Cohen, Bob Dylan, Johnny Cash und Udo Lindenberg. In dem neuen Buch haben mein Co-Autor Volker Eichener und ich viele Songs zusammengetragen und zu ergründen versucht, die uns beide wichtig sind.

Wie viele Platten oder Playlists haben Sie zusammen mit ihrem Mitautor Volker Eichener denn dafür durchgehört?

Birnstein: Wir mussten gar nicht lange suchen, weil sich uns die Songs sozusagen über die Jahrzehnte ins Herz geprägt haben. Unsere Liste umfasst nahezu hundert Songs – aus denen mussten wir dann aus Platzgründen eine Auswahl von 22 treffen. Wir hoffen, dass es Folgebände gibt, in denen wir uns dann den weiteren widmen. Ich habe also nicht mehr gehört als sowieso – aber ich habe mehr gelesen. Ich war neugierig auf die Lebensgeschichten der Menschen, die die Songs geschrieben haben. Meinen literarischen Reisen in die Welt der Pop- und Rockgeschichte verdanke ich unzählige Aha-Erlebnisse.

Wie haben Sie sich als Ko-Autoren gefunden?

Birnstein: Volker Eichener ist Politikwissenschaftler und ein absoluter Rockmusik-Kenner. Er hat ein Buch über die Sozialgeschichte der Rockmusik geschrieben: "They Rocked the City". Für eine Radiosendung über die Rolling Stones, die ich für den Hessischen Rundfunk produzierte, hat er mir grandios erklärt, dass die vermeintlichen "bad boys" sehr fromme Songs geschrieben haben, eines zum Beispiel über den verloren Sohn ("Prodigal Son"), eines gebetsartig ("Shine Your Light"). Auch "Sympathy for the Devil" wurde völlig zu Unrecht als satanisch gebrandmarkt, Mick Jagger gleich mit. Damit ist es eine tiefsinnige Abrechnung mit dem Gott/Teufel, Gut/Böse-Schwarzweißdenken. Der Teufel steckt wie Gott in jedem von uns. Wir sind Sünder und Heilige zugleich. Sagte einst Martin Luther. Und singt Mick Jagger. Als Theologe blicke ich aus einem anderen Blickwinkel auf die Songs als Volker Eichener, das ergänzt sich gut. Wir sind Buddies auf dem "Highway to Heaven" und haben viele Songs auf den Lippen, die die Reise schön machen.

In ihrem Buch ist die Songauswahl sehr vielfältig, welche Songs oder welcher Künstler oder Künstlerin hat Sie denn beide am meisten überrascht? Und warum?

Birnstein: Taylor Swift war für uns beide eine Entdeckung. Ihre tiefe christliche Prägung in Nashville ist das Fundament ihres gesamten Schaffens. Sie geht sehr verantwortlich mit ihrem Superstar-Status um. Aus christlicher Sicht kann man sich über Songs wie "Karma" aufregen – aber wie anders als mit Humor kann man die kleinen und großen Boshaftigkeiten auf dieser Welt verarbeiten?

Erstaunlich ist auch Sara Lesch, sie fällt von der Musik etwas aus dem Rahmen, hat aber dieselbe empörende Kraft wie einst Bob Dylan hatte. Mit ihrem Lied "Testament" rüttelt sie heutige Eltern wach, die den Hang zum Helikoptern haben.

Mich persönlich fasziniert Udo Lindenberg jedes Mal aufs Neue. Wie der Panik-Rocker mit Gott spricht – das finde ich besonders cool und ergreifend. Viele denken ja, man müsste im Gebet besonders gewählte Worte finden. Udo fängt an mit: "Ey, wieso lässt du uns so hängen? Wenn du doch der liebe Gott bist, warum lässt du dann Kriege zu?" Und Gott versucht nicht zu erklären, sondern verweist uns zurück auf uns selbst: "Da hilft kein Beichten und keine Beten, kümmert Euch jetzt mal selber um eueren Planeten!" Mehr Theologie und Worte brauchts nicht, um uns Menschen auf den Pott zu setzen.

Um welche christlichen Motive drehen sich denn die Songwriter:innen am meisten. Geht es um Engel und Teufel oder reichen die religiösen Motive noch viel tiefer?

Birnstein: Nicht jeder Song ist spirituell, in dem Engel, Gott und Teufel vorkommen. Und andersherum: Jeder Song, der eine Alltagsgeschichte erzählt, kann spirituell sein. Spirituell sind Songs, wenn sie Fragen nach dem Letzten stellen: nach der Liebe, nach dem Sinn des Lebens und Sterbens, nach dem, was da hinterm Horizont auf uns wartet. Der Text ist natürlich wichtig, die Musik ist mehr als nur Verpackung oder Zugabe. "Wenn sich ein Text mit Musik verbindet, ereignet sich Magie": Diese Ansicht Bob Dylans teile ich. Musik erreicht auch mein Herz in Regionen, die für bloße Worte unzugänglich sind. Das kann überall und jederzeit geschehen: zuhause, in der Kirche, im Club, im Konzert – und auch im Kopfhörer beim Joggen. Ein Verstandenwerden. Ein Gefühl der Verbundenheit mit allem, ein Mitschwingen mit dem ganzen Kosmos. Ein Halleluja, das über allen Grenzen, auch über denen der Religionen, schwebt.

Wie sind die Reaktionen aufs Buch?

Birnstein: In den Portalen erscheinen bis jetzt sehr positive Rezensionen. Die meisten Songs setzen bei vielen das Kopfkino ihres eigenen Lebens in Gang. Ich bin auch Musiker und stelle einige Songs bei Konzertlesungen auch live vor. Da sind auch schon Tränen geflossen. Und letzte Woche kam eine ältere Frau und war so von Leonard Cohens Song "Halleluja" angetan, dass sie mich bat, es dann mal bei ihrer Beerdigung zu spielen.  

Beide Autoren wollen mit ihrem Buch zu einer Reise in die verschiedenen Genres der Pop- und Rockmusik einladen. " Eine Reise, bei der Sie auch dem Soundtrack Ihres Lebens nachgehen können – und ihm womöglich nach der Lektüre neue Songs hinzufügen.", heißt es in der Presserklärung zum Erscheinen des Buches. evangelisch.de-Redakteurin Katja Eifler hat für Sie eine Spotify Playlist "Himmlische Botschaften" angelegt, die dafür gerne genutzt werden darf. Der Musikstreamingdienst Spotify ist kostenfrei mit Werbung nutzbar. Dafür ist eine Registrierung nötig.