KI könne angesichts des Fachkräftemangels Entlastung schaffen, sei aber nicht der Heilsbringer, sagte die Professorin für Ethik der Medizin und Gesundheitstechnologien an der Technischen Universität München (TUM) am Mittwoch in Nürnberg. Viel Potenzial sehe sie hingegen bei der Pflegedokumentation, wo die Pflegekräfte rund 40 Prozent ihrer Arbeitszeit mit "administrativen Aufgaben vergeuden".
Allein im Sozialbereich gehe fast ein Drittel der Mitarbeitenden in den nächsten Jahren in den Ruhestand, sagte die frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrates weiter. Gleichzeitig fehle es an Nachwuchs, das Anwerben ausländischer Fachkräfte werde durch bürokratische Verfahren gebremst. Der Fachkräftemangel sei in den sozialen Berufen besonders belastend.
Zugleich wies Buyx aber auch auf die Grenzen von KI hin. "Das System macht auch Fehler", warnte die Medizinethikerin vor blindem Vertrauen. Zwar gebe es in den USA positive Erfahrungen, etwa beim Aufnahme- und Entlassungsmanagement in Krankenhäusern durch einen Chatbot, weil der alle Fragen "mit endloser Geduld" auch doppelt und dreifach beantworte. In langen Gesprächen habe die KI aber auch schon mal Patienten eine Scheidung empfohlen. Das sei allerdings noch nicht so gefährlich, wie ein digitaler Psychotherapeut, der ebenfalls in den USA zum Suizid geraten habe.
Es sei wichtig, potenzielle Anwendungsgebiete zu gestalten und bei Fehlentwicklungen gegenzusteuern, sagte Buyx weiter. Ein KI-gesteuerter Roboter könne zwar bei Demenzpatienten eine digitale Beziehung simulieren. "Aber wir wissen nicht, wie sich das langfristig auswirkt." Ein geplanter Pflegeroboter zum Füttern sei im Praxistext mit Pflegefachkräften durchgefallen. Essen verabreichen stehe für "menschliche Interaktion, pflegerische Zuwendung und persönlicher Austausch".
Neben Arbeitskräftemangel und Bürokratie verwies Michael Groß, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW), bei seinem Grußwort auf weitere Baustellen der Branche. So seien manche Menschen bei der digitalen Teilhabe abgekoppelt, weil sie kein Geld für einen Laptop hätten oder mit der Online-Terminbuchung bei Behörden überfordert seien.
Zum 25. Jubiläum der ConSozial als mittlerweile größte Sozialmesse in Deutschland kam auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Er sicherte der ConSozial als Veranstaltung des Sozialministeriums weitere Unterstützung für die Zukunft zu. Die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft - allein im Freistaat sind es 455.000 Festangestellte plus 136.000 Ehrenamtliche - "sind diejenigen, die unser Land am Laufen halten". Das sollte auch die Gesellschaft anerkennen: "Ab und zu applaudieren, reicht nicht." Vielmehr gehe es auch um angemessene Bezahlung.
Für Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) als Veranstalterin ist die ConSozial eine wichtige Inspiration für die Bereiche Pflege, Bildung und Sozialmanagement. Sie erwartet bis Donnerstag mehr als 5.000 Besucher bei den über 200 Ausstellern sowie im Kongress. Sie erhoffe sich auch Impulse, um dem Mangel an Beschäftigten zu begegnen, sagte sie. "Unter den Top 10 Mangelberufen finden sich fünf aus der Sozialwirtschaft", das müsse sich ändern. Immerhin habe das bayerische Quereinsteigerprogramm bereits über 10.000 neue Kräfte für Kitas ermöglicht. Scharf kritisierte auch das bestehende Arbeitszeitgesetz als "verstaubt und von gestern". Denn: "Wir können nur sozial stark sein, wenn wir wirtschaftlich stark sind."