Die Debatte sei "hilflos eskalierend", sagte Heinrich am Rande eines Besuchs in einer Abschiebeeinrichtung. Es würden hektische Vorschläge gemacht, die rechtlich nicht haltbar und praktisch nicht umsetzbar seien. Das sei eine Gefahr für die Wahrnehmung der Demokratie.
In der Bevölkerung gebe es den Wunsch nach Sicherheit und einem "handlungsfähigen, auch wehrhaften Rechtsstaat". "Wer jetzt politische Versprechungen macht, die sich in naher Zukunft als nicht umsetzbar erweisen, weil die Wirklichkeit komplizierter ist, produziert wieder nur Enttäuschungen", sagte die Präses des evangelischen Kirchenparlaments. Die Enttäuschungen wiederum produzierten das Gefühl von Steuerungsverlust und verstärkten den Eindruck, dass die Demokratie handlungsunfähig sei. "Das kann niemand wollen", sagte sie.
Heinrich sagte, sie vermisse in der Diskussion um das Asylrecht "Rückgrat" für grundlegende Werte. "Besonders in den Wahlkämpfen haben sich viele von populistischen Positionen unter Druck setzen lassen und vergessen, dass wir gerade erst 75 Jahre Grundgesetz gefeiert haben", sagte sie mit Verweis auf das in der Verfassung garantierte Grundrecht auf Asyl: "Wir dürfen uns nicht von Populisten treiben lassen." Benötigt werde eine sachliche und ernsthafte Debatte über Herausforderungen und Probleme mit Migration.
Kritik übte sie auch an der Forderung, Asylsuchende an den deutschen Grenzen zurückzuweisen. "Menschenwürde heißt für mich nicht, Leute einfach abblitzen zu lassen", sagte Heinrich. Man müsse alles daran setzen, "im Inneren Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und Menschenwürde zu gewährleisten und zu verteidigen, ohne diese an den Außengrenzen abzuschaffen". An diesem Donnerstag stimmt der Bundestag über einen Antrag der Union ab, der Zurückweisungen auch von Asylsuchenden an den Grenzen fordert.
Die EKD-Synode, die im November in Würzburg zusammenkommt, hat das Thema "Migration, Flucht und Menschenrechte" zum Schwerpunkt ihrer Jahrestagung gemacht. Heinrich hat in diesem Jahr mehrere Reisen zum Thema unternommen, unter anderem nach Griechenland. Aktuell informiert sie sich in Nordrhein-Westfalen über Ablauf und Schwierigkeiten bei Abschiebungen von Menschen, die kein Bleiberecht in Deutschland haben.