Bischöfin Fehrs prangert Gewalt gegen Frauen an

Bischöfin Kirsten Fehrs im Talar steht in einem Kreis mit Frauen in einer Kirche
epd-bild/Paul-Philipp Braun
Bischöfin Kirsten Fehrs erinnert in einem ökumenischen Frauengottesdienst im Erfurter Dom an die weltweite Gewalt gegen Frauen.
Katholikentag der Warnungen
Bischöfin Fehrs prangert Gewalt gegen Frauen an
Beim Katholikentag in Erfurt hat die evangelische Bischöfin Fehrs die Gewalt gegen Frauen weltweit angemahnt. Kanzler Scholz warnte einmal mehr, dass der Krieg in der Ukraine zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato führen könnte.

Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, hat auf dem Katholikentag in Erfurt die weltweite Gewalt gegen Frauen angeprangert. "Keine Toleranz dafür, dass die Würde von so vielen Menschen, von so vielen Frauen in so vielen Ländern dieser Erde mit Füßen getreten wird", sagte die Hamburger Bischöfin am Freitag im Erfurter Dom in einem ökumenischen Frauengottesdienst. Man dürfe sich nicht abfinden mit gewalttätigen Despoten, mit Machtmissbrauch und Diskriminierung. Auf einem Podium hatte zuvor Kanzler Olaf Scholz vor einer Eskalation des russischen Angriffskrieges in Gebiete der Nato.

Fehrs: Gewalt gegen Frauen wird im Krieg kaum verfolgt 

Bischöfin Fehrs betonte: Ein besonderes Kapitel sei die Gewalt, vor allem sexualisierte Gewalt, die Frauen in Kriegen erleiden. Wörtlich sagte sie:  "Soldaten oder bewaffnete Milizen nutzen ihre Macht und den Zusammenbruch rechtsstaatlicher Kontrolle aus, um auf grausamste Weise Frauen in ihrer Integrität zu zerstören. Strafverfolgung müssen sie ja nicht fürchten."

Seit Jahrtausenden gebe es Kriegsgewalt gegen Frauen, beklagte Fehrs: Oft kämpften sie jahrzehntelang um die Anerkennung ihres Leids, wie Zehntausende sogenannte "Trostfrauen", die während des Zweiten Weltkriegs in japanische Kriegsbordelle verschleppt wurden. Erst allmählich entwickele sich ein öffentliches Bewusstsein dafür. Es sei ein Erfolg der weltweiten Frauenrechtsbewegung, dass diese Gewalt gegen Frauen mittlerweile thematisiert, enttabuisiert und ernst genommen wird, sagte die Bischöfin in ihrer Predigt zum Bibeltext über die Geschichte von Naamans Heilung (2. Könige 5, 1-14).

Oft werde die Gewalt gegen Frauen zudem sprachlich verharmlost und bagatellisiert, kritisierte die Bischöfin. Wenn in Deutschland fast jeden dritten Tag eine Frau durch die Hand ihres Partners oder Ex-Partners stirbt, spreche die Berichterstattung oft von einem "Familiendrama". Fehrs begrüßte ausdrücklich auch die Auseinandersetzung damit, "dass und wie Machtmissbrauch und Gewalt in unseren Kirchen geschehen konnte".

Unterdessen warnte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor einer Eskalation des Krieges in der Ukraine. Beim Katholikentag am Freitag in Erfurt forderte er eine weiterhin enge Abstimmung der Verbündeten bei der Unterstützung der Ukraine zur Verteidigung gegen Russland. "Wir müssen den großen Krieg vermeiden", sagte er und bezog sich damit auf mögliche militärische Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Nato.

Gar nicht fromme Unterbrechungen auf dem Katholikentag: Als Kanzler Scholz die Klimapolitik seiner Regierung erläuterte, nahmen die Rufe von Störern weiter zu.

Auf die aktuelle Debatte, inwieweit aus Deutschland gelieferte Waffen künftig von der Ukraine auch auf russischem Gebiet eingesetzt werden dürfen, ging Scholz nicht ein. Indes betonte er den Umfang der deutschen Unterstützung durch die Lieferung von Waffen im Wert von 28 Milliarden Euro und warf Russland vor, einen Eroberungskrieg zu führen. In diesem habe die Ukraine das Recht, sich zu verteidigen.

Nahezu zeitgleich veröffentlichte die Bundesregierung am Freitagvormittag eine Erklärung, wonach die Ukraine künftig auch von Deutschland gelieferte Waffen einsetzen darf, um Stellungen in Russland anzugreifen, insbesondere um sich gegen Angriffe im Raum Charkiw zu verteidigen. "Gemeinsam mit unseren engsten Verbündeten und im engen Dialog" sei man der "Überzeugung, dass die Ukraine das völkerrechtlich verbriefte Recht hat, sich gegen diese Angriffe zu wehren. Dazu kann sie auch die dafür gelieferten Waffen in Übereinstimmungen mit ihren internationalen rechtlichen Verpflichtungen einsetzen; auch die von uns gelieferten", heißt es in der Erklärung.

Die rund einstündige Katholikentagsveranstaltung mit dem Kanzler war kurz vor der Hälfte für einige Minuten unterbrochen worden, nachdem massive Zwischenrufe Scholz immer wieder am Ausreden gehindert hatten. Die Protestierenden forderten von ihm mehr Einsatz für den Klimaschutz.
Der Kanzler reagierte teils beherrscht, teils sehr verärgert auf die Störungen. Zunächst rief er die Protestler zum Zuhören auf und forderte von ihnen unter anderem: "Sie müssen jetzt einfach mal ganz kurz den Mund halten, dann gehe ich sogar auf ihre Frage ein."

Als er die Klimapolitik seiner Regierung erläuterte, nahmen die Rufe weiter zu. Scholz warf den Protestlern vor, einen "Theatersprech" aufzusagen, den sie vorher in ihrer "Agitationsgruppe" geübt hätten. Nach der Unterbrechung wurde die Veranstaltung ohne weitere Störungen fortgesetzt. Die große Mehrheit der Besucher hatte die Kanzlerappelle zu einer maßvollen Debatte mit Applaus unterstützt.

Mitglieder der "Letzten Generation" störten Kanzlerrede

Nach Angaben des Katholikentages ging die Störung von mehreren Personen der "Letzten Generation" aus. Die Bereitschaft von Scholz, auf den Protest zu reagieren, habe nicht zur Deeskalation geführt. Deshalb hätten die Störerinnen und Störer den Saal verlassen müssen.

Der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Marc Frings, habe zwei Personen nach draußen begleitet und ihnen seine Kontaktdaten gegeben, um ein Gespräch zwischen dem ZdK als Veranstalter des Katholikentages und der "Letzten Generation" zu ermöglichen. "Wir wollen diesen Austausch, aber wir wollen auch, dass Teilnehmende am Katholikentag Veranstaltungen gemäß der Ankündigung verfolgen können", sagte Katholikentagssprecherin Britta Baas.

Der 103. Deutsche Katholikentag wird bis Sonntag in der thüringischen Landeshauptstadt gefeiert. An den 500 Veranstaltungen des fünftägigen Treffens wollen rund 20.000 Menschen teilnehmen.