Der alte Bürgermeister des Berliner Vororts, in dem die Sippe seit einem Jahr lebt, möchte endlich in den verdienten Ruhestandsucht. Gundula (Andrea Sawatzki) wäre seiner Ansicht nach genau die richtige, um das Dorf lebens- und liebenswerter zu machen, aber zu ihrer Verblüffung schlägt er in der Gemeinderatssitzung ihren Gatten Gerald (Axel Milberg) vor.
Der nimmt die Berufung sichtlich geschmeichelt an, übersieht dabei jedoch, dass er erst mal gewählt werden muss. Prompt liefert sich das Ehepaar einen Wahlkampf, in dem Gerald mit großem Aufwand alle Register und letztlich dennoch den Kürzeren zieht. Selbstverständlich erweist er sich als schlechter Verlierer, aber auch Gundula scheitert, allerdings an der normativen Kraft des Faktischen, wie das der Staatsrechtler Georg Jellinek einst nannte.
Der achte "Bundschuh"-Film basiert wie schon die Folge zuvor nicht auf einer Romanvorlage von Hauptdarstellerin Sawatzki; Drehbuchautor Stefan Kuhlmann hat schon "Woanders ist es auch nicht ruhiger" (2021) geschrieben. Die Geschichte war eine fröhliche Nummernrevue nach der Devise "Schlimmer geht immer", die ebenso wie der aktuelle Titel "Bundschuh gegen Bundschuh" für sämtliche Filme der 2015 gestarteten Reihe gilt.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Auch die episodische Erzählweise zieht sich durch alle Drehbücher, die zudem ähnlich strukturiert sind. Die jeweilige Handlung wird zwar durch einen konkreten Anlass ausgelöst – Weihnachten, Urlaub, Abitur, Corona –, aber die Querelen sind letztlich stets die gleichen: Gerald und Gundula zerstreiten sich bis an den Rand der Trennung, raufen sich dann aber ebenso wieder zusammen wie Gundulas wehleidiger Bruder Hadi (Stephan Grossmann) und seine frömmelnde Frau Rose (Eva Löbau).
Es ist neben den oftmals erfrischend boshaften Dialogen erneut vor allem dem vortrefflichen Ensemble zu verdanken, dass die Komödie Spaß macht, obwohl sich das allerdings durchaus einfallsreich variierte Muster regelmäßig wiederholt. Diesmal hängt der Haussegen nicht nur bei Gerald und Gundula schief: Rose macht Hadi literarische Konkurrenz, als sie gemeinsam mit zwei Betschwestern die Predigt für einen ökumenischen Gottesdienst entwirft. Allein die altbackene Kleidung der drei Frauen war für das Kostümbild (Corinna Baum) sicher ein Fest.
Das Szenenbild (Martina Brünner) hat mit seiner Liebe zum Detail ebenfalls großen Anteil daran, dass der Film auch optisch authentisch und stimmig wirkt. Eine kleine Freude bereiten zudem Details wie das Countdown-Insert ("Noch fünf Tage bis zur Wahl"), das der scheidende Bürgermeister (Martin Seifert) mit seinem Rollator durchs Bild zieht.
Mit dem lokalpolitischen Engagement bereichert Kuhlmann die Geschichte zudem um einen seriösen Hintergrund. Dem Dorf geht es wie vielen anderen in der Provinz: Der örtliche Supermarkt ist schon vor Jahren geschlossen worden, die nächste Arztpraxis ist weit weg, der durch jugendliche Nichtsnutze in der Silvesternacht zerstörte Briefkasten ist nie ersetzt worden. All’ das will Gundula ändern, aber die Gemeindekasse ist leer. Geralds Idee, eine Schweinemast ins Dorf zu locken, scheitert krachend: Geld mag nicht stinken, Gülle schon.
Opfer einer entsprechenden Protestaktion wird ausgerechnet die Bürgermeisterin: Aktivisten überschütten sie mit blutroter Flüssigkeit; die Szene wirkt wie eine Reminiszenz an die Verfilmung des Stephen-King-Klassikers "Carrie", als der Titelfigur ganz Ähnliches widerfährt. Gundulas wahre Gegner sitzen jedoch ganz woanders: Irgendjemand will mit allen Mitteln verhindern, dass sie den alten Konsum zu neuem Leben erweckt, weshalb zwischendurch sogar ein bisschen Krimispannung aufkommt.
Regie führte Franziska Meyer Price, "Bundschuh vs. Bundschuh" ist ihre erste Arbeit für die Reihe. Dank ihrer großen Erfahrung aus diversen Komödien und Dutzenden von Serienepisoden und mit der Unterstützung von Schnitt und Musik hat sie Kuhlmanns Drehbuch mit dem nötigen Schwung umgesetzt, wobei es sich des Öfteren lohnt, auch auf den Hintergrund zu achten: Gerald bittet um eine Reduzierung seiner Arbeitszeit, damit er sich auf den Wahlkampf konzentrieren kann; die Vorfreude seiner Kolleginnen und Kollegen ist nicht zu übersehen. Als der Chef ihm nahelegt, doch gleich ganz ins Homeoffice zu wechseln, sind sie regelrecht aus dem Häuschen.