Der Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Söding, wünscht sich ein höheres Reformtempo in der katholischen Kirche in Deutschland. "Die Prozesse sind zu langsam, es gibt zu viele, die bremsen", sagte der Theologe im "Morgenmagazin" des ZDF angesichts der zahlreichen Austritte aus der katholischen Kirche. Der Freiburger Religionssoziologe Michael Ebertz kritisierte derweil die "Visionslosigkeit" der Führungsriege.
Am 28.6. hatte die katholische Kirche ihre aktuelle Mitgliederstatistik vorgelegt. Die Zahl der Kirchenaustritte stieg im vergangenen Jahr auf rund 523.000 - ein Rekordwert. Damit nahm die Zahl der Austritte im Vergleich zum Vorjahr um 45,5 Prozent zu.
Nach Einschätzung von Ebertz befindet sich die Kirche in einem Teufelskreis. Die Gründe dafür, dass die Mitglieder in Scharen wegliefen, verstärkten sich gegenseitig und führten zu einer Abwärtsspirale, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Mitgliederschwund beginne mit immer knapper werdenden personellen und finanziellen Ressourcen, wodurch die Qualität der kirchlichen Angebote leide.
Die Führungsriege habe keine positive Idee, wie die Kirche in der Zukunft aussehen solle, sagte Ebertz. Stattdessen bekämpfe man sich gegenseitig auf offener Bühne und spreche sich das Katholischsein ab. Zudem schaffe es die katholische Kirche nicht, die Menschen, die ein Interesse an ihren Angeboten haben, einzubinden, sagte er.
Hoffnung in Synodalen Weg
Diese Probleme allerdings sehe man in der katholischen Kirche gar nicht, weil sie sich nur mit sich selbst beschäftige. Ein Blick von außen, der dringend notwendig sei, sei unerwünscht, kritisierte Ebertz. Die Kirche sei wie ein Karussell, dass sich immer weiterdrehe, und niemand sehe die Menschen, die draußen stünden und mitfahren oder es erneuern wollten.
Derweil äußerte sich ZdK-Vizepräsident Söding optimistisch, dass der Reformprozess Synodaler Weg fortgesetzt wird, obwohl einige Bischöfe dessen weitere Finanzierung blockieren. "Das wird am Geld nicht scheitern", sagte der Bochumer Theologe. Es sei bedauerlich, dass die Bischofskonferenz an dieser Stelle "verkantet" sei. "Aber es gibt genügend Reforminitiativen, es gibt eine satte Mehrheit auch bei den Bischöfen, und es gibt ganz starke Bewegungen von der Basis", betonte Söding. Diese gelte es miteinander zu verschalten, dann werde sich in der katholischen Kirche auch etwas ändern.