"Wenn der Prozess krachend scheitert, die hoch Engagierten demotiviert werden, man in einer Polarisierung endet, die feindselige Züge annimmt, ist das schlimmer, als wenn das alles nicht stattgefunden hätte", sagte Joas in einem Online-Interview der in Oberursel erscheinenden Monatszeitschrift "Publik-Forum" (Donnerstag).
Er sei für den Synodalen Weg aber "mäßig optimistisch", sagte Joas. Die Selbstbindung von Bischöfen und Mitbestimmung von Gremien könne der Vatikan nicht verbieten. Er sehe die Chance, dass die weltkirchliche Debatte einen Impuls aus Deutschland bekomme. Der Versuch, die deutschen Katholiken als Abweichler innerhalb der Weltkirche zu diskreditieren, sei gescheitert, es gebe viel Sympathie für die Anliegen des Synodalen Wegs.
Selbst erfolgreiche Reformen dürften allerdings die aktuelle Austrittswelle nicht stoppen, sagte Joas. Das könnte nur die Rückbesinnung darauf, warum die Kirche einst entstanden sei. Das wesentliche Element des Christentums sei sein Universalismus, also der Gedanke, dass alle Menschen Teil der Kirche werden könnten, und dass Christinnen und Christen sich zum Wohl aller verhalten müssten, auch zum Wohl künftiger und früherer Generationen.
Der gesellschaftliche Wandel hin zu mehr Sensibilität für Minderheiten und zu mehr Frauenrechten müsse eigentlich als "positiv im Sinne des universalen Ethos des Christentums" anerkannt werden, forderte Joas. Stattdessen glaubten viele tatsächlich daran, dass das lediglich ein Zeitgeist-Phänomen sei.
"Irgendwann wird die große Schulderklärung gegenüber den Frauen kommen, davon bin ich überzeugt", sagte der Soziologe. Es sei unerträglich, dass die Kurie in Rom ablehne, was dem Geist ihrer eigenen Werte entspreche.