Das Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages hat die Internethetze gegen die Predigenden der beiden Kirchentags-Schlussgottesdienste verurteilt. Seit Sonntag sähen sich Pastor Quinton Ceasar sowie Pastor Alexander Brandl und Constanze Pott, Mitglied der Landessynode in Bayern, einer Welle von Hasskommentaren und persönlichen Angriffen ausgesetzt. Der Kirchentag in Nürnberg war am Sonntag mit zwei Abschlussgottesdiensten in der Innenstadt zu Ende gegangen.
"Wir verurteilen den Hass und die persönlichen Angriffe, vor allem auf Quinton Ceasar, aber auch auf Alexander Brandl und Constanze Pott, aufs Schärfste." So heißt es in der Stellungnahme am Mittwoch von Kirchentagspräsident Thomas de Maizière und Generalsekretärin Kristin Jahn.
Hauptsächlich sei Quinton Ceasar von den Hass-Nachrichten betroffen, vereinzelt auch Brandl und Pott, teilte laut epd am Donnerstag Sprecherin Milena Vanini mit. Ob es sich um eine konzertierte Aktion handelt, wollte Vanini nicht bewerten. Man gehe aber davon aus, dass die Hasskommentare größtenteils von Personen kommen, "die gar nicht selbst beim Kirchentag waren".
Hauptprediger Quinton Ceasar aus dem ostfriesischem Wiesmoor sagte dem epd, er sei von den heftigen Reaktionen überrascht worden. Zwar sei ihm bewusst gewesen, dass seine Äußerungen nicht von allen Menschen vorbehaltlos geteilt würden. "Aber diese Welle voll Hass habe ich nicht erwartet." Viele "krasse Posts" habe er vor allem aus dem fundamentalistisch-evangelikalen Spektrum erhalten - auch von prominenten Influencern aus dieser Szene. Um Ceasar und seine Familie zu schützen, wurden die Internetseiten seiner Kirchengemeinde vorübergehend abgeschaltet.
Diskurs nur ohne Hass
Verwundert habe ihn, dass seine Botschaft "Gott ist queer" so angeeckt sei, sagte Ceasar. Vielmehr habe er mit Kritik an seiner Auslegung gerechnet, dass Jesus die Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge fordere. Prinzipiell sei er zwar gesprächsbereit: "Diskurs ist gut, aber Hass darf darin keinen Platz haben."
Der Münchner Pfarrer Alexander Brandl sagte, die beleidigenden Kommentare und Nachrichten hielten sich bei ihm in Grenzen. "Das ist nichts, mit dem ich nicht umgehen kann", sagte er. Erstaunlich sei, dass er als weißer Mann offenbar mehr sagen dürfe "als eine 'Person of Color' wie Quinton". Beide hätten über kontroverse Themen gepredigt, aber Ceasar bekomme den Hass ab. Das liege sicher auch daran, dass Ceasars Predigt live im Fernsehen übertragen worden sei. Brandl hatte sich in seiner Predigt gegen Ausgrenzung und Diskriminierung gewandt und dabei Pott und der Geschichte ihrer geschlechtlichen Transition Raum gegeben.
Kirchentag war ein Ort des Dialogs
"Viele Tausend Menschen haben in der vergangenen Woche friedlich in Nürnberg Kirchentag gefeiert und kontrovers diskutiert – unterschiedlich in der Meinung, aber immer respektvoll im Umgang miteinander. Der Kirchentag war ein Ort des Dialogs. Das ist gut so. Unsere Gesellschaft brauche diese Form des respektvollen und offenen Austausches dringend. Umso bitterer ist es nun, mit anzusehen, wie viele Menschen unseren Schlusspredigern eben diesen Respekt versagen," erklärten Jahn und de Maizière weiter.
Quinton Ceasar hat auf dem Hauptmarkt eine sehr persönliche und emotional aufwühlende Predigt gehalten. Alexander Brandl hat auf dem Kornmarkt gepredigt. Für ihre Auftritte verdienen alle nichts anderes als Respekt. Der Kirchentag steht hinter ihnen." Mit diesen Worten verteidigen Jahn und de Maizière die Wahl der Predigenden.
Auch die hannoversche Landeskirche, in deren Bereich Ceasars Gemeinde liegt, wies die Attacken zurück. "Über die Aussagen und Inhalte einer Predigt auch kontrovers zu diskutieren, ist legitim. Aber die Art und Weise, in der das aktuell vor allem in den digitalen Medien geschieht, lehnen wir entschieden ab", sagte ein Sprecher.