TV-Tipp: "Wolfsland: Das dreckige Dutzend"

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29. Dezember, ARD, 20:15 Uhr
TV-Tipp: "Wolfsland: Das dreckige Dutzend"
Der Titel klingt nach Western, aber "Das dreckige Dutzend" (1967) ist ein Kriegsfilm. Im Krieg befindet sich auch die Görlitzer Kripo. Das kann das Duo "Butsch" Schulz und "Kessie" Delbrück allerdings noch nicht ahnen, als am Ufer der Neiße eine Leiche eines Trödelhändlers entdeckt wird.

Dieser Fall wird sich ohnehin ganz anders entwickeln, denn nach dem verhängnisvollen Fehler des Vorgesetzten (Stephan Grossmann) in "20 Stunden" ist Delbrück zur kommissarischen Abteilungsleiterin ernannt worden, weshalb Schulz sie fortan nur noch mit "Chefin" anspricht; und das ist nicht respektvoll gemeint. Schon allein die Idee, die Kommissarin quasi an den Schreibtisch zu fesseln, wo sie ständig von diversen klingenden Telefonen genervt wird, macht "Das dreckige Dutzend" – übrigens auch die zwölfte Episode der Reihe – zu einem besonderen Film.

Davon abgesehen ist die Handlung zunächst nicht weiter aufregend. Der Händler war regelmäßig im angrenzenden Ausland unterwegs, um sich dort Antiquitäten zu besorgen. Im Inland hat er Tipps von einem Rettungssanitäter (Johannes Allmayer) bekommen, wenn damit zu rechnen war, dass ältere Herrschaften nicht mehr lange zu leben haben. Das ist moralisch zwar fragwürdig, aber nicht strafbar. Warum also sollte jemand den Trödler, dessen Geschäfte eher schlecht als recht liefen, umbringen? Und was hat dieser Fall mit dem vermeintlichen Herztod jenes Mannes zu tun, den Schulz im Rahmen des letzten Falls verhaftet hat? Beide Männer waren Mitglieder desselben Fitnessclubs, aber die Vermutung des Kommissars, dort werde ein schwunghafter Handel mit Steroiden und Anabolika betrieben, lässt sich nicht beweisen. 

Diese inhaltliche Verknüpfung ist die zweite clevere Idee; das Drehbuch stammt auch diesmal wieder von den "Wolfsland"-Schöpfern Sönke Lars Neuwöhner und Sven S. Poser. Der Film beginnt mit einer Szene, die bereits in "20 Stunden" zu sehen war, diesmal allerdings aus der Perspektive von Stefan Gröba (Paul Wollin) erzählt: Schulz hämmert an die Wohnungstür, Gröba verbrennt Unterlagen in seiner Badewanne. In der Haft, stellt sich raus, ist er keineswegs eines natürlichen Todes, sondern an einer Überdosis Morphin gestorben; ein weiteres Rätsel, zumal dieser Suizid nicht der letzte bleiben wird. Von "Freitod" kann ohnehin keine Rede sein kann; die Selbsttötungen sind vielmehr das Ergebnis einer höchst perfiden indirekten Mordmethode. Dahinter steckt ein Mann (Hendrik Heutmann), der keine Gefangenen macht.

Trotzdem steht Felix Herzogenraths Regiepremiere für "Wolfsland" unter einem anderen Vorzeichen als "20 Stunden". Der erste Film war wegen der Entführung Delbrücks ein fesselnder Thriller, "Das dreckige Dutzend" orientiert sich stärker am üblichen Krimimuster, weshalb die Geschichte naturgemäß weniger an den Nerven zerrt. Buch und Regie hatten in "20 Stunden" zudem für einen reizvollen Kontrast gesorgt, weil die Handlung aller Spannung zum Trotz immer wieder mit heiteren Elementen durchsetzt war. Einen ähnlichen Effekt gibt es diesmal auch, allerdings als Romanze: Zwischen Schulz und Staatsanwältin Konzak (Christina Große) entwickelt sich sehr sachte eine mit sympathischer subtiler Ironie umgesetzte Liebesbeziehung. Konzak, die zuvor für die Staatsanwaltschaft in Dresden gearbeitet hat, ist es auch, die den Titel erklärt: "Dreckiges Dutzend" ist der Name einer kriminellen Organisation, die sich offenbar wie eine Krake in Sachsen ausbreitet. 

Herzogenrath, der immer wieder Impressionen aus dem Stadtbild einstreut, ist ohnehin ein Regisseur für Zwischentöne, dessen Krimis ("Nord bei Nordwest", "Usedom") in der Regel sehenswert sind; oft genug, wie etwa der letzte "Taunuskrimi" ("Muttertag", 2022) oder "Das Lied des toten Mädchens" (ARD, 2021), auch mehr als das. Gerade deshalb fallen die Szenen mit Petra Zieser so sehr aus dem Rahmen dieser ansonsten sehr stimmigen "Wolfsland"-Episode: Rose Delbrück, in "20 Stunden" noch ein belebendes Element, erweist sich als unnötig übergriffige Person, die ihre Tochter zu deren Glück zwingen will. Was im ersten Film witzig war, wirkt nun nervig, wenn die Mutter eigenmächtig einen Therapietermin absagt, hupend vor dem Präsidium wartet oder ihre Beziehungen als pensionierte Richterin spielen lässt, um Viola in eine Leitungsposition nach Dresden zu vermitteln; dabei will die Tochter einfach nur zurück auf die Straße. Der clevere Schluss nach dem originellen Showdown in einem Bowlingcenter ist mehr als bloß eine Andeutung, dass die Geschichte über das dreckige Dutzend noch längst nicht zu Ende erzählt ist.