Hier die Freundschaft des Trios, dort die Beziehungsgeschichten ihres Anführers Werner Träsch (Uwe Ochsenknecht) und seiner Freundin, der "Späti"-Besitzerin Gabi (Adelheid Kleineidam): Das schien alsbald auserzählt. Wie die Protagonistinnen der ARD-Freitagsreihen "Die Eifelpraxis" oder "Praxis mit Meerblick" hat Werner jedoch ein ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein, weshalb er sich gern einmischt, und damit hat die Reihe "Die Drei von der Müllabfuhr" ihre eigentliche Bestimmung gefunden: Seit Werner und Gabi nicht nur ihr Leben, sondern auch eine Wohnung teilen, können sich "Käpt’n Träsch" und seine Kumpane auf ihre Mission als Kavaliere der Straße und Helden des Alltags konzentrieren.
Im achten Film geht es um eine besonders abstoßende Form der Abzocke: Eine Haushaltshilfe erschleicht sich als das Vertrauen betagter Menschen und überredet sie dazu, ihr die Eigentumswohnung zu überschreiben; unversehens finden sich die alten Herrschaften auf der Straße wieder. Träsch und seine Kollegen kommen der Sache zufällig auf die Spur, als Tarik (Aram Arami), Werners Kollege und potenzieller Schwiegersohn, wiederholt Papier in der Restmülltonne findet, darunter auch der Entwurf eines Testaments.
Die verwitwete Helga Engler (Jutta Wachowiak) ist das aktuelle Opfer von Marlies (Victoria Mayer), die sich ihrer Sache derart sicher ist, dass sie sich schon an die nächste Zielperson rangemacht hat. Frau Engler wohnt im selben Haus wie Werners Ex-Kollege Kowalski (Axel Werner), die beiden verband mehr als bloß eine Nachbarschaft, aber die Haushaltshilfe hat dafür gesorgt, dass die alte Frau konsequent alle sozialen Kontakte kappt. Juristisch ist Marlies’ miese Masche allerdings wasserdicht und sogar notariell beglaubigt: Eines Tages steht Helga vor der verschlossenen Tür einer Wohnung, in der sich zwar immer noch ihre sämtlichen Habseligkeiten befinden, die aber nicht mehr ihr gehört.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Wie Gernot Gricksch bei der letzten Episode ("Zu gut für die Tonne") hat sich auch Julia Drache in ihrem ersten Drehbuch für die Reihe noch ein zweites Thema vorgenommen: Werners Chef Rüdiger Dorn (Rainer Strecker) will die Müllabfuhr für Frauen öffnen. Die ehemalige Kugelstoßerin Pamela (Gisa Flake) erfüllt zwar die körperlichen Voraussetzungen für den Job und scheint auch im übertragenen Sinn das nötige breite Kreuz zu haben, aber ähnlich wie zuletzt der "Transmann" stellt Pamela für die Müllmänner eine Herausforderung dar: Plötzlich bewegt sich der raue, aber herzliche Umgangston gefährlich nah Richtung Diskriminierung.
Als Werner der Kollegin als Zeichen des guten Willens ein paar Arbeitshandschuhe schenken will und das Päckchen dummerweise mit einem intimen Präsent für Gabi vertauscht, kommt es zum kleinen Eklat. Um nicht nur dieses Missverständnis aus der Welt zu räumen, müssen sich beide Seiten bewegen, zumal sich zeigt, dass Pamela die Panzerung, mit der sie sich schützt, nicht freiwillig trägt; Gisa Flake, für Reihen und Serien gern als scheinbar kernige, in Wirklichkeit aber meist hochpatente Nebenfigur engagiert ("Ella Schön", "Fritzie – Der Himmel muss warten", beide ZDF), ist genau die richtige Besetzung für diese Rolle.
Regie hat wie bei allen Filmen seit der dritten Episode Hagen Bogdanski geführt, der in Personalunion auch für die Bildgestaltung verantwortlich ist. Die Kameraarbeit ist unprätentiös, aber sorgfältig. Damit entspricht sie perfekt dem Naturell des Ttiteltrios: Die drei haben das Herz auf dem rechten Fleck. Für Gabi und Werners Tochter gilt das nicht minder. Journalistin Annika (Laura Louisa Garde) sorgt dafür, dass ein weiterer Missstand in den Fokus rückt: Als sie mit Tarik ein sogenanntes "Zero Waste"-Restaurant besucht, das keinerlei Abfall verursacht, empört sie sich darüber, dass die Betreiber trotzdem Müllgebühren bezahlen müssen; für diesen Missstand findet sich selbstredend ebenfalls eine Lösung.
Erneut gelungen ist auch die Mischung aus heiteren und dramatischen Momenten: Als der Müllabfuhrchef Pamela zum Zweikampf auf einen Müllparcours bittet, unterlegt Bogdanski den Wettstreit mit der berühmten Titelmusik aus dem Boxfilmklassiker "Rocky". Die Szene, in der Helga Engler klar wird, dass ihre Wohnung plötzlich nicht mehr ihr gehört, kommt dagegen komplett ohne Musik aus; die Empathie mit der alten Frau genügt völlig, um diesen Moment überaus bedrückend wirken zu lassen.