Bundesländer fordern bessere Verteilung

Privatpersonen bieten mit Schildern am Berliner Hauptbahnhof Unterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine an
© epd-bild/Christian Ditsch
Privatpersonen bieten am Berliner Hauptbahnhof Unterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine an. Am Berliner Hauptbahnhof kommen seit Beginn des Kriegs des russischen Präsidenten Putin gegen die Ukraine täglich etwa 1.000 Menschen an. Jetzt fordern einige Bundesländer bei der Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mehr Unterstützung des Bundes ein.
Hunderttausend Flüchtlinge
Bundesländer fordern bessere Verteilung
Zehntausende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine müssen in Deutschland untergebracht werden. Das stellt eine organisatorische und finanzielle Herausforderung dar. Nun sollen diejenigen, die nicht privat untergekommen sind, besser verteilt werden.

Rund 110.000 Menschen sind inzwischen nach Deutschland gekommen, die sich vor dem Krieg in der Ukraine in Sicherheit gebracht haben. Ihre Unterbringung stellt eine organisatorische und finanzielle Herausforderung für Länder und Kommunen dar. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte am Freitag an, die Kriegsflüchtlinge sollten verbindlicher auf die Bundesländer verteilt werden. Einige Länder hatten eine bessere Verteilung der Menschen und finanzielle Unterstützung des Bundes gefordert. Auch die Kommunen wollen nicht auf den Kosten sitzen bleiben.

Faeser kündigte nach einem Gespräch mit den Innenministern der Länder und den kommunalen Spitzenverbänden an, dass diejenigen Flüchtlinge verstärkt nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt werden sollen, die nicht privat in Familien oder bei Bekannten untergebracht und versorgt werden. Der Verteilungsschlüssel berücksichtigt Größe und Wirtschaftskraft eines Landes. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums sind bis Freitag rund 109.183 Flüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Sie können ohne Visum einreisen und sich frei bewegen.

Viele kommen bei Freunden, Bekannten, Verwandten oder Menschen unter, die eine Unterkunft zur Verfügung stellen. Weil sie sich zunächst auch nicht registrieren müssen, liegt die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge wahrscheinlich höher. "Ganz überwiegend kommen Frauen, Kinder und alte Menschen zu uns, die Entsetzliches erlebt haben", sagte Faeser, die von einer "unbegreiflichen humanitären Katastrophe" sprach. Die Fluchtwelle war durch den Angriff Russlands auf das Nachbarland Ukraine am 24. Februar ausgelöst worden.
Zuvor hatten einige Bundesländer vom Bund mehr Unterstützung bei der Aufnahme und Verteilung von ukrainischen Kriegsflüchtlingen gefordert.

Angesichts der Lage halte er es für unverzichtbar, zusätzliche zentrale Anlauf- und Registrierungsstellen unter Leitung des Bundes einzurichten, erklärte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Rande der Bundesratssitzung in Berlin. Auch mit Blick auf die anhaltende Corona-Pandemie sei "ein geordneter Aufnahmeprozess wichtig", sagte der Regierungschef.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte der "Rheinischen Post" (Freitag): "Wir müssen im engen Schulterschluss zwischen Bund, Ländern und Kommunen zentrale Fragen klären und in geordnete Verfahren kommen." Außerdem müsse darüber gesprochen werden, wie Bund und Länder die Kommunen bei der Finanzierung unterstützen können, sagte der amtierende Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz.

Überlastung einzelner Länder vermeiden

Auch Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) forderte die Bundesregierung auf, die Geflüchteten besser auf die 16 Bundesländer zu verteilen. Ansonsten drohe eine "Überlastung in einzelnen Ländern", sagte er dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Freitag). Er schlug ein wöchentliches Verteilverfahren vor, das sich an den freien Kapazitäten in den Ländern orientiert.

Für eine gleichmäßige und "faire" Verteilung der Kriegsflüchtlinge sprachen sich auch die Spitzenverbände von Städten und Gemeinden aus. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sagte der "Passauer Neuen Presse" (Freitag): "Bund und Länder müssen dafür sorgen, dass wir nicht auf den Kosten sitzen bleiben." Von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wünsche er sich die Aussage an die Städte und Kommunen: "Wir lassen euch nicht im Regen stehen".

Größere Aufgabe als 2015

Zugleich verwies Dedy auf die große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. Zunächst hätten die meisten Menschen aus der Ukraine das Ziel gehabt, bei Verwandten oder Freunden in Deutschland unterzukommen. Inzwischen kämen aber immer mehr Menschen, die eine Bleibe suchen. Der Hauptgeschäftsführer des Städtetages warnte davor, Bilder zu bemühen, wie "dass bei uns das Boot voll wäre". "Das wäre Quatsch. Wir kriegen das irgendwie hin. Die Herausforderung bleibt vor allem die faire Verteilung. Die Aufgabe für unser Land könnte größer werden als 2015."

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte der "Rheinischen Post" (Freitag), Bund und Länder müssten die Kosten für die Unterbringung und medizinische Betreuung der Flüchtlinge voll erstatten. Zugleich sprach er sich dafür aus, einen Expertenrat auf Bundesebene einzurichten, der die Situation fortlaufend beurteilt und die Hilfen koordiniert.