Nach der Unwetterkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich am Wochenende ein Bild von der Zerstörung gemacht. Merkel besuchte am Sonntag verwüstete Eifeldorf Schuld im Landkreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz. Steinmeier zeigte sich am Samstag bei einem Besuch im nordrhein-westfälischen Erftstadt erschüttert über die Situation. Auch Teile Bayerns und Sachsens waren von schweren Überschwemmungen betroffen. Merkel kündigte wie Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ein Soforthilfeprogramm des Bundes an.
Merkel besuchte zusammen mit der rheinland-pfälzischen Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) das von den Wassermassen verwüstete 700-Einwohner-Dorf Schuld an der Ahr. Anschließend sprach sie im zwölf Kilometer entfernten Adenau von einer „fast surrealen, gespenstischen Situation“. Zugleich zeigte sie sich „tief beeindruckt von der überwältigenden Hilfsbereitschaft“ in der Region. „Wir stehen an Ihrer Seite, Bund und Land werden gemeinsam handeln“, betonte die Kanzlerin, die einen Tag nach ihrem 67. Geburtstag in das Unwettergebiet gekommen war. Außerdem müssten künftig Natur- und Klimaschutz stärker als bisher in den Blick genommen werden, sagte Merkel.
Dreyer dankte der Kanzlerin für ihren Besuch im Katastrophengebiet und den vielen Helferinnen und Helfern für ihren Einsatz. Dreyer gab die Zahl der Toten in Rheinland-Pfalz mit 112 an. Den Angehörigen drückte sie ihr tiefes Mitgefühl aus. Zudem erinnerte sie an die rund 30 Vermissten und die 670 Verletzten in den Krankenhäusern. „Unser Land ist erschüttert“, sagte die Ministerpräsidentin.
Das Düsseldorfer Innenministerium gab die Zahl der Toten in Nordrhein-Westfalen am Sonntag mit 46 an, auch in Bayern kam laut Bayerischem Rundfunk ein Mensch ums Leben.
Steinmeier in Erftstadt
„Wir trauern mit denen, die ihre Freunde, Bekannte, ihre Familienangehörige verloren haben - ihr Schicksal zerreißt uns das Herz“, sagte Steinmeier in Erftstadt im ebenfalls von starken Überschwemmungen betroffenen Rhein-Erft-Kreis. Die Ortschaften seien von Verwüstung und Zerstörung gezeichnet, sagte Steinmeier, der das Unwettergebiet gemeinsam mit dem NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) besuchte. Steinmeiner und Laschet sprachen mit Feuerwehrleuten und anderen Helfern und würdigten die große Solidarität und das Engagement der vielen Helfer. Auch Laschet kündigte schnelle unbürokratische Hilfen an.
Bundesfinanzminister Scholz kündigte an, er werde dem Kabinett am Mittwoch Pläne für eine Soforthilfe des Bundes von mindestens 300 Millionen Euro vorlegen. Die Schäden nach der Unwetterkatastrophe seien immens und die Lasten müssten gerecht verteilt werden, sagte er der Zeitung „Bild am Sonntag“. Möglichst noch im Juli sollten die ersten Hilfen an die Betroffenen gehen. „Es braucht einen nationalen Kraftakt“, sagte der Vizekanzler. Zudem sei ein Aufbauprogramm in Milliardenhöhe notwendig. Auch Merkel sagte, schon am Mittwoch werde in Berlin ein Soforthilfeprogramm in dreistelliger Millionenhöhe auf den Weg gebracht.
Söder mit Scholz in Südbayern
In Bayern machte sich Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gemeinsam mit Scholz ein Bild von der Hochwasserlage. Der Landkreis Berchtesgadener Land rief den Katastrophenfall aus. Flüsse traten über die Ufer, einige Straßen waren überschwemmt, es kam zu Hangstürzen. In Ostsachsen kam es zu Überschwemmungen von Ortschaften und Straßen. Mehrere Orte waren von Samstagabend an nicht mehr erreichbar, wie der besonders betroffene Landkreis Sächsische Schweiz mitteilte
In mehreren ökumenischen Gottesdiensten bekundeten leitende Geistliche in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ihr Mitgefühl für die betroffenen Menschen. In einem Gottesdienst in Soest äußerten sich die westfälische Präses Annette Kurschus, der rheinische Präses Thorsten Latzel und der Paderborner Erzbischof erschüttert über die Lage in den Hochwassergebieten. Gott höre auch in Notsituationen die Menschen, sagte Kurschus. In Trier hatten zuvor Präses Latzel und der Trierer Bischof Stephan Ackermann der Opfer gedacht. Die Menschen blieben auch im 21. Jahrhundert verletzlich, sagte Ackermann. Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki sagte in seinem „Wort des Bischofs“, die Unwetterkatastrophe sei die Zeit, einander beizustehen in größter Not.