Eine kritische Begleiterin - die "Mecklenburgische Kirchenzeitung"

"Mecklenburgischen Kirchenzeitung" publizierte schon zu DDR Zeiten
© Mecklenburgische Kirchenzeitung
Auf dem Balkon der Schweriner Redaktion zeigen Redaktionsmitglieder alte Ausgaben der "Mecklenburgischen Kirchenzeitung": v.l. Marion Wulf-Nixdorf, Redakteurin für Mecklenburg seit 1983, Tilman Baier, Chefredakteur seit 1993 und Marketing-Leiterin Michaela Jestrimski.
Eine kritische Begleiterin - die "Mecklenburgische Kirchenzeitung"
Seit 75 Jahren erscheint das Wochenblatt - auch in DDR-Zeiten
Abnehmende Kirchenmitgliedschaft, Folgen der Corona-Pandemie, Umgang mit endlichen Ressourcen - die traditionsreiche Kirchenzeitung für Mecklenburg-Vorpommern scheut keine Konfliktthemen. Vor 75 Jahren erschien die erste Ausgabe des Wochenblatts.
21.04.2021
epd
Anne-Dorle Hoffgaard

Am 21. April 1946 erschien die "Mecklenburgische Kirchenzeitung" zum ersten Mal. Sie blieb bis zum Mauerfall die einzige Zeitung in Mecklenburg, die nicht staatlich gelenkt wurde. Im September soll der 75. Geburtstag des evangelischen Wochenblatts gefeiert werden.

Alte Titelköpfe der "Mecklenburgische Kirchenzeitung".

Die "Mecklenburgische & Pommersche Kirchenzeitung" (MPKZ) werde die leitenden Gremien in Kirche und Gesellschaft auch weiterhin kritisch begleiten, ein Forum für den Dialog sein sowie neue Ideen kirchlichen Lebens darstellen, sagt Chefredakteur und Pastor Tilman Baier. Die abnehmende Kirchenmitgliedschaft, die innerkirchliche Strukturdebatte, die Folgen der Corona-Pandemie, gewaltsame Konflikte weltweit und der Umgang mit endlichen Ressourcen sind einige der Themen, die die Kirchenzeitung zuletzt kontrovers diskutiert hat.

Die Zeitung war nach einer Lizenz der sowjetischen Militärbehörden am 21. April 1946 erstmals erschienen. Zu DDR-Zeiten durften laut Lizenz 15.000 Exemplare gedruckt werden. "Die Auflage war bis 1990 komplett ausverkauft, es existierten Wartelisten", sagt Pastor Baier, der die Redaktion seit 1993 leitet.

Inzwischen ist die verkaufte Auflage auf rund 4.000 gesunken, davon etwa 200 als E-Paper in einer App. Wie bei anderen Zeitungen auch würden die treuen Abonnenten naturgemäß älter, begründet Baier diese Entwicklung. "Dazu trifft uns als Kirchenzeitung auch die weiter abnehmende Zahl der Gemeindeglieder in Mecklenburg-Vorpommern." Es gelte deshalb, neue Lesergruppen zu gewinnen, "ohne treue Leser zu verlieren". Dazu gebe es neben der gedruckten "Kirchenzeitung", die seit 15 Jahren auch digital im Abo möglich ist, weitere Formen in den sozialen Medien. Wichtig sei, dass das Blatt "die Lebenswelt der Leserschaft trifft".

In der DDR von staatliche Zensoren beäugt

Im Laufe der Jahrzehnte wechselten die thematischen Schwerpunkte: In den 50er Jahren befasste sich die Zeitung vor allem mit der auseinanderbrechenden Volkskirche, und in den 70er Jahren wurde die Rolle der Laien in der Kirche zum Thema. Schwerpunkt in den 80er Jahren waren Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.

Die erste Ausgabe vom 21. April 1946.

Zu DDR-Zeiten bekam es das Blatt - wie die anderen ostdeutschen Kirchenzeitungen auch - immer mal wieder mit den staatlichen Zensoren zu tun. Vor allem in den letzten Jahren vor der Wende ließen die Herrschenden kaum eine Woche vergehen, in der sie nicht den aufmüpfigen Kirchenredaktionen zu verstehen gaben, wer das Sagen im Lande hatte.

So reichte für die "Mecklenburgische Kirchenzeitung" im Herbst 1988 eine für Kinder verfasste Nacherzählung von Abrahams Berufung. "Verlasse deine Heimat, deine Freunde und alle deine Bekannten", heißt es in der biblischen Geschichte in kindgerechter Sprache - Grund genug für das Ost-Berliner Presseamt, Einspruch gegen den Beitrag einzulegen. Denn ein solcher Satz, so die Begründung, komme der Aufforderung gleich, die Heimat zu verlassen, was als "Republikflucht" strafrechtlich verfolgt wurde. Solche Eingriffe hatten sich mit der Wende und dem Einzug der Pressefreiheit erledigt.

Lebendige Berichte und kritische Kommentare

Seit 1998 erscheint das Wochenblatt als "Mecklenburgische & Pommersche Kirchenzeitung". Seit 2015 gibt es gemeinsame Seiten mit der "Evangelischen Zeitung" (EZ) in Hamburg, seit 2017 auch mit der EZ-Ausgabe für Niedersachsen. Zudem gibt es seit 2021 im überregionalen Teil der Zeitung eine Zusammenarbeit mit der "Evangelischen Sonntags-Zeitung" (Frankfurt a.M.) und "Unsere Kirche" (Bielefeld). Herausgeber der MPKZ ist heute der Evangelische Presseverband Norddeutschland (epn) mit Sitz in Kiel.

epn-Geschäftsführer Matthias Gülzow erklärt: "Ich bin immer wieder beeindruckt von der hohen Verbundenheit der Leserschaft mit ihrer Zeitung." Die lange Tradition der Kirchenzeitung aus Schwerin auch mit ihrer besonderen Rolle in der DDR und der wechselvollen Geschichte sei eine große Verpflichtung für die gesamte evangelische Publizistik in der Nordkirche. "Dieses Erbe müssen wir einerseits bewahren und andererseits es auch in der digitalen Welt weiter entwickeln und in neuen Formen deutlich werden lassen."

Für die Landsbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt ist die MPKZ "wichtige Informationsquelle und Inspiration".

Für Nordkirchen-Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt ist die MPKZ "wichtige Informationsquelle und Inspiration", wie die Theologin in der MPKZ-Jubiläumssonderausgabe (11. April) schreibt. Sie schätze die lebendige Berichterstattung aus den Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen in MV ebenso wie die kritischen Kommentare und theologischen Einwürfe. Auf dem Weg zum 100. Jubiläum wünsche sie sich eine diskursfreudige wie theologisch fundierte Kirchenzeitung, "die nah dran ist an den Menschen, die sich vor Ort versammeln".