Steinmeier: Kein Verständnis für Zurückhaltung bei AstraZeneca

Steinmeier: Kein Verständnis für Zurückhaltung bei AstraZeneca
Der Bundespräsident hat sich über den Stand der Corona-Impfungen in Bayern informiert. Medizinisches Personal lässt sich offenbar gern impfen. Dennoch ist Skepsis gegenüber dem Impfstoff AstraZeneca spürbar. Steinmeier nennt das ein "Luxusproblem".
25.02.2021
epd
Von Christiane Ried (epd)

Berlin, München (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Menschen mit Nachdruck dazu aufgerufen, sich gegen Corona impfen zu lassen. "Schneller zu impfen, das ist das Gebot der Stunde", sagte er am Donnerstag in einem Videogespräch mit Ärzten und Pflegekräften aus Bayern über Stand und Entwicklung der Impfkampagne. Er habe deshalb wenig Verständnis für die Zurückhaltung gegenüber dem einen oder dem anderen Impfstoff. "Das ist ein Luxusproblem - erst recht aus der Sicht von Millionen Menschen, die noch auf die erste Dosis warten", sagte Steinmeier. In seinem Gespräch mit vier Experten wurde deutlich: Die Impfbereitschaft im jeweiligen Kollegenkreis ist groß, es ist aber in der Tat deutliche Zurückhaltung beim Impfstoff AstraZeneca zu spüren.

Alle zugelassenen Impfstoffe verdienten Vertrauen, betonte Steinmeier. "Wissenschaftliche Studien zeigen: Alle von der Europäischen Arzneimittel-Agentur genehmigten Impfstoffe sind wirksam und verträglich." Er ermutige daher alle Bürgerinnen und Bürger: "Nehmen Sie Ihr Impfangebot wahr, wenn Sie an der Reihe sind! Schützen Sie sich selbst und andere! Meine Frau und ich werden es ganz sicher tun." Der Start der Impfkampagne vor zwei Monaten sei zwar nicht perfekt gewesen, räumte er ein. Aber jede einzelne Impfung bedeute, schwere Krankheit abzuwenden und Menschenleben zu schützen. Die Corona-Impfung sei die "Wende im Kampf gegen die Pandemie".

Michaela Hutzler, Medizinische Direktorin der Kliniken Nordoberpfalz in Weiden, sagte, dass die Impfungen sich in ihren Kliniken bereits bemerkbar machten. Es gebe weniger Patienten aus Pflegeheimen mit schweren Verläufen, auch die Liegezeit sei kürzer. Dennoch seien die Intensivstationen weiter sehr voll. Ostbayern, vor allem der Raum Tirschenreuth, sei bereits in der ersten und in der zweiten Welle ein Corona-Hotspot gewesen, nun befinde man sich in der dritten Welle, erklärte sie. Aus dieser Erfahrung heraus sei die Impfbereitschaft offenbar hoch.

Es gebe kaum jemanden, der sich nicht impfen lassen wolle unter den insgesamt 3.000 Beschäftigten, sagte Hutzler. Sie räumte aber auch ein, dass einige Impfwillige den schwedisch-britischen Impfstoff AstraZeneca ablehnten. "Es war deutlich zu spüren: nur Biontech und sonst kein Impfstoff", sagte sie. Es habe sich leider in den Köpfen festgesetzt, dass AstraZeneca kein guter Impfstoff sei. Auch der ärztliche Leiter des Impfzentrums Fürth, Michael Hubmann, kritisierte eine verbreitete Skepsis gegenüber AstraZeneca. 99 Prozent der Weltbevölkerung würde sich wünschen, mehrere Impfstoffe zur Verfügung zu haben, sagte er.

Dennoch plädierte Hubmann dafür, die Corona-Impfung nicht zur Pflicht zu machen. Impfen sei eine individuelle Entscheidung mit sozialem Aspekt. Ziel müsse sein, die Herdenimmunität zu erreichen, dann wären Geimpfte und auch Impf-Unwillige geschützt, betonte er. Die Daten jedenfalls seien ermutigend, dass durch die derzeit in Deutschland verfügbaren Impfstoffe schwere Verläufe und eine Ansteckung mit dem Coronavirus verhindert werden.

In der Bevölkerung in Deutschland herrscht gegenüber dem Impfstoff AstraZeneca ein gewisser Vorbehalt: Wegen fehlender Testdaten soll er nicht an Menschen über 65 verimpft werden, außerdem wird über seine Wirksamkeit diskutiert. Diese liegt etwa 20 Prozentpunkte unter der von Biontech/Pfizer und Moderna. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und führende Experten wie etwa der Virologe Christian Drosten attestieren dem Impfstoff dennoch eine hohe Wirksamkeit.