Früher war Susanne Keilhauer als Religionspädagogin viel in den Schulen unterwegs. Sie gab Religionsunterricht und war zu einem geringeren Teil in der Gemeinde eingesetzt. Doch mit der Amtseinführung in der Johanneskirche ist sie nun Vertreterin auf der Pfarrstelle von Bodenmais. Die auch als Prädikantin ausgebildete Religionspädagogin darf nun predigen und Gottesdienste halten, Hochzeiten und Beerdigungen vollziehen, das Abendmahl verwalten und sich um das Seelenheil der Menschen kümmern, wann immer ihre Kompetenzen gefragt sind.
Dass das etwas Neues ist, ist auch den Erstklässlern bei der Einsegnung fürs neue Schuljahr aufgefallen. Wie man sie denn nun nennen solle, hätten die Kinder heuer bei der Einschulung gefragt. Doch darauf hat auch Susanne Keilhauer keine rechte Antwort. Sie ist und bleibe ja schließlich Religionspädagogin. Für die Zwitterstellung habe die Landeskirche keinen neuen Namen.
Dabei komme es gar nicht so selten vor, dass Theologenstellen berufsgruppenübergreifend etwa mit Religionspädagogen oder Diakonen ausgeschrieben und besetzt werden, sagt Kirchensprecher Johannes Minkus. So seien Ende 2019 sieben Religionspädagog:innen in der bayerischen Landeskirche zum Teil auch auf Pfarrstellen eingesetzt gewesen. Im Sinne des Reformprozesses "Profil und Konzentration" (PuK) soll dies laut Minkus noch ausgeweitet werden. Nach der neuen Landesstellenplanung könnten ihm zufolge sogar bis zu 20 Prozent der Stellen berufsgruppenübergreifend besetzt werden.
"Teil der Gemeinde mit ein paar besonderen Aufgaben"
In der extremen Diaspora des Bayerischen Waldes ist Susanne Keilhauer keine Unbekannte. Seit 1988, also seit über 30 Jahren, lebt und arbeitet sie in der Gegend: erst drei Jahre in Viechtach, dann jahrzehntelang in Zwiesel und seit September nun in Bodenmais. Sie war an bis zu zehn Schulen eingesetzt, hat viele Jahre mit Spätaussiedlern gearbeitet und seit 2011 auch eine Viertelstelle im Dekanat als Urlauberseelsorgerin inne. Im Nationalpark hielt sie Gottesdienste und Andachten im Wald ab. Weil sie auf Menschen zugehen kann, findet sie schnell Kontakt zu ihnen. "Wenn ich mit dem Auto durch Bodenmais fahre, dann winken mir jetzt schon mal die Leute zu."
"Christsein auf Augenhöhe" nennt sie das. Sie empfinde sich selbst als "Teil der Gemeinde mit ein paar besonderen Aufgaben", sagt Keilhauer. Deshalb sei es auch nicht so wichtig, welchen Titel sie dabei trage. "Ich bin halt die Frau Keilhauer oder die Susanne." In der extremen Diaspora sei Nähe besonders wichtig: Menschen zu treffen, die man kenne und mit denen einen etwas verbinde, sagt sie.
Zur Amtseinführung gab es für Susanne Keilhauer keinen Pfarrertalar, den schwarzen mit dem weißen Beffchen. Der ist nur für ordinierte Theologen vorgesehen. Für Keilhauer gab es den schwarzen Talar eines Laienpredigers. Aber statt des roten Kragens hat ihr Talar einen schwarzen Samtkragen. "Ich bin ja noch immer Religionspädagogin und werde auch als eine solche bezahlt."
Zulassung für Taufsakrament beantragt
Schlechter als ein Pfarrer stelle sie sich nicht, sagt Keilhauer. Sie habe eine Fünf-Tag-Woche mit 40 Stunden und keine Pfarramtsführung zu verantworten. "Das sieht bei einem Pfarrer anders aus." Was sie allerdings bedauert: Als bekannt wurde, dass ich die Pfarrstelle vertreten werde, rief eine ehemalige Schülerin an, um zu fragen, ob sie ihre kleine Tochter taufen würde. Da musste ich leider nein sagen." Das dürfe nur der pfarramtsführende erste Pfarrer im 15 Kilometer entfernten Regen, Matthias Schricker.
Eine ähnliche Situation gibt es in Wernberg-Köblitz: Dort vertritt die Religionspädagogin Gabi Mehlan eine halbe Pfarrstelle, nachdem sich die Kirchengemeinden Etzenricht, Rothenstadt und Wernberg (Dekanat Weiden) nach langen Vakanzzeiten zusammengeschlossen und nur noch eine Pfarrstelle sowie eine halbe pädagogisch-theologische Stelle für drei Kirchengemeinden zur Verfügung haben. Ab diesen Herbst werde Mehlan nun die Beauftragung für Wortgottesdienste und die Verwaltung des Abendmahls erhalten, sagt sie. Das sei das Ergebnis eines eingehenden Gesprächs mit Regionalbischof Klaus Stiegler gewesen.
Allerdings bestehe darin im Diasporagebiet mit seinen extremen Distanzen von Ort zu Ort ein wesentliches Manko, sagt Mehlan. Es sei ihr nicht erlaubt, das Taufsakrament zu erteilen. Das ist ausschließlich ordinierten Pfarrer:innen vorbehalten. Weil das in der Praxis zu Komplikationen führen könne, habe sie nun die Zulassung dafür beim Landeskirchenrat beantragt. Bislang wartet sie noch auf eine Antwort.