Ver.di: Keine Kliniken schließen, weil sie sich nicht rentieren

Ver.di: Keine Kliniken schließen, weil sie sich nicht rentieren
17.08.2020
epd
epd-Gespräch: Dirk Baas

Berlin (epd). Die Gewerkschaft ver.di will verhindern, dass die Zahl der Krankenhäuser reduziert wird. "Es dürfen keine Kliniken schließen, weil sie sich nicht rentieren. Schließlich fragt auch bei der Feuerwehr niemand, ob sich die Vorhaltekosten rechnen", sagte Grit Genster, ver.di-Bereichsleiterin Gesundheitspolitik, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Gerade wegen der Corona-Krise müsse künftig neben der erforderlichen Spezialisierung eine flächendeckende Grundversorgung auch in ländlichen Räumen gesichert sein. Die Menschen müssten sich überall auf eine gute Gesundheitsversorgung verlassen können, betonte die Expertin.

Auch künftig sei eine solche Infrastruktur finanzierbar, sagte Genster: "Über die Krankenhausplanung muss politisch entschieden werden, nicht durch Markt und Wettbewerb. Gesundheit ist keine Ware." Sie warb aber auch für grundlegende Reformen. Das Fallpauschalen-System der Kliniken sollte durch eine bedarfsgerechte Finanzierung ersetzt werden, auch, um gute Arbeitsbedingungen und eine deutlich bessere Bezahlung zu ermöglichen.

Der bestehende Fachkräftemangel sei hausgemacht, betonte die Expertin. Viele Pflegekräfte gäben ihren Beruf auf, weil sie die alltägliche Mangelsituation nicht mehr ertragen konnten oder wollten. Etwa jeder vierte Pflege-Azubi bleibe laut Statistischem Bundesamt ohne Abschluss. "Schätzungsweise 10 bis 15 Prozent fallen durch die Abschlussprüfung. Dadurch gehen jedes Jahr über 13.000 Pflegefachkräfte verloren."

In den vergangenen Wochen sei die Leistung der Beschäftigten im Gesundheitswesen beklatscht, hoch gelobt und geschätzt worden. "Applaus und warme Worte sind schön, doch zu Recht erwarten die Beschäftigten auch eine finanzielle Anerkennung." Mit dieser Erwartung gehen wir in die Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst bei den Kommunen und beim Bund.

Mit der einmaligen Corona-Prämie von 1.500 Euro für die Pflegekräfte in Seniorenheimen dürfe man sich nicht abfinden, sagte Genster. Sie sei zwar ein Erfolg der ver.di-Tarifinitiative für allgemeinverbindliche Regelungen in der Altenpflege. "Aber wir fordern einen Bonus auch für alle Beschäftigte in Krankenhäusern, Rehakliniken, der Behindertenhilfe sowie allen anderen Bereichen, die in der derzeitigen Krise gefordert sind und das Gesundheits- und Sozialwesen am Laufen halten." Es gebe bundesweit erste Krankenhäuser und mit Schleswig-Holstein ein Bundesland, das flächendeckend einen solchen Bonus gewährt. Die Verantwortung, nun zu handeln, liege bei den Arbeitgebern und dem Gesetzgeber.