Diskussion um Corona-Zwangstests für Rückkehrer

Diskussion um Corona-Zwangstests für Rückkehrer
Gesundheitsminister Spahn will mit einer Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten einen weiteren Anstieg der Zahl der Corona-Infizierten verhindern. Wie sie genau umgesetzt werden soll, ist aber noch offen.

Berlin (epd). Nach der von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigten Corona-Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten sind Detailfragen zur Umsetzung noch ungeklärt. Wie ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums am Dienstag in Berlin auf Anfrage mitteilte, ist noch nicht entschieden, wer genau die Kosten für die Tests trägt, etwa die Krankenkassen. Spahn hatte angekündigt, dass sie für die Rückkehrer selbst kostenfrei sein sollen. Der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes hat zudem Zweifel, dass die Gesundheitsämter die Tests schultern können.

Spahn sei nun aufgefordert darzulegen, "wie er die Testpflicht gemeinsam mit den Bundesländern umsetzen will", erklärten die SPD-Politiker Bärbel Bas und Dirk Wiese in Berlin. Vom Koalitionspartner kam aber grundsätzlich Unterstützung für die Testpflicht. Der Gesundheitsschutz habe oberste Priorität. Die Testpflicht sei möglich und angemessen, erklärten Bas und Wiese. Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, begrüßte die Pläne. "Selbst wenn wir nur einen Teil der infizierten Rückkehrer entdecken, wäre das sinnvoll und ein Erfolg", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag).

Reinhardt reagierte damit auf Skepsis des Berufsverbandes im Öffentlichen Gesundheitsdienst. Dessen Vorsitzende Ute Teichert hatte eingewandt, dass erst am Ende des Urlaubs erfolgte Ansteckungen womöglich nicht erkannt werden. Am Dienstag äußerte die im SWR Zweifel an der Machbarkeit der Zwangstestung. Man habe bei den Gesundheitsämtern keine Kapazitäten für die geplanten Abstrichzentren, sagte Teichert. Sie empfahl, dafür eigenes Personal einzustellen.

Kritik gab es am Dienstag auch daran, dass Urlauber selbst nicht an den Kosten für die Tests beteiligt werden sollen. "Dass Menschen in Risikogebiete reisen, wird ja noch länger gehen", sagte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) im WDR5-"Morgenecho". Deshalb könne die Übernahme der Kosten durch den Staat auf Dauer keine staatliche Leistung sein. Er schlug eine Deckung der Kosten über die Sicherheitsgebühren der Flughäfen vor.

Die Laborkosten für einen Corona-Test liegen laut Bundesgesundheitsministerium bei 50,50 Euro. Hinzu kommen die Kosten für den Arzt. Auch die Ärztevertretung Marburger Bund sprach sich gegen kostenfreie Tests für die Reisenden aus. Wenn ein Mensch bewusst in ein Risikogebiet reise, müssten die Testkosten unter die Urlaubskosten fallen, sagte die Vorsitzende der Ärztebundes, Susanne Johna, dem MDR.

An der rechtlichen Zulässigkeit der Testpflicht scheint es dagegen weniger Zweifel zu geben. Das Infektionsschutzgesetz habe sehr weitgehende Ermächtigungsgrundlagen, sagte der Medizinrechtler Rudolf Ratzel im Deutschlandfunk. Auch der Zweck sei auf den ersten Blick einleuchtend. Andererseits müsse die Verhältnismäßigkeit im Blick behalten werden. Immerhin sei der Test, der in den Rachen eingeführt werden muss, ein erheblicher Eingriff, und nicht nur aus Risikogebieten kämen Infizierte, sagte der Jurist vom Deutschen Anwaltverein.

Der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, äußerte sich am Dienstag besorgt über en aktuellen Anstieg der Zahl der Corona-Infektionen. "Wir sind mitten in einer sich rasant entwickelnden Pandemie", sagte er mit Blick auf mehrere regionale Ausbrüche in den vergangenen Tagen unter anderem an beliebten Reisezielen und auf einem Gemüsehof in Bayern. In Schwäbisch Gmünd (Baden-Württemberg) gab es eine Infektionswelle durch eine Trauerfeier, wie der Ostalbkreis am Dienstag mitteilte.

Regionale Einschränkungen gibt es in der Folge jeweils nicht. Bayerns Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) kündigte am Dienstag allerdings mehr Corona-Tests für Erntehelfer und Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften sowie für Urlaubsrückkehrer an. Die Stadt Hamburg reagierte mit einer neuen Verordnung auf die Ansteckungsgefahr. Mit einem zeitlich sowie auf bestimmte Straßen und Plätze beschränkten Verkaufsverbot für alkoholische Getränke am kommenden Wochenende will der Senat Ansammlungen zuvorkommen, auf denen die Corona-Abstandsregeln oft ignoriert werden.

epd co/lnh/lwd/lbw kfr