Soziologin Allmendinger warnt vor Trend zum Homeoffice

Soziologin Allmendinger warnt vor Trend zum Homeoffice

Hannover, Berlin (epd). Die Soziologin Jutta Allmendinger warnt vor den Folgen des Trends zum Homeoffice. "In der Heimarbeit liegt ein immenser gesellschaftlicher Sprengstoff", sagte die die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Freitag). Schon lange zerfalle die Gesellschaft immer mehr in Einzelgruppen. "Die Erwerbsarbeit hat uns bislang alle irgendwie zusammengebracht - und sei es nur in der S-Bahn oder in der Cafeteria."

Künftig brauche es daher ganz andere Arbeitszeitregelungen, forderte Allmendinger. Wenn Kitas und Schulen wieder geöffnet haben, müsse die Arbeitszeit von Menschen im Homeoffice bei gleicher Bezahlung reduziert werden. "Denn wer zu Hause ungestört ist, arbeitet in der Regel effizienter als im Büro." Die soziale Komponente, wie Geburtstage der Kollegen falle weg und für diese Erfahrungen bräuchten die Menschen mehr Freizeit.

Die Wissenschaftlerin befürchtet zudem Rückschritte bei der Gleichberechtigung. "Ich fürchte, dass die Heimarbeit zur Verheimlichung von Frauen führt und sie wieder stärker in die Rolle drängt, in erster Linie die Organisation der Familie zu übernehmen - während der Mann, der oft etwas mehr Geld verdienst, sich ungestört in das einzige Arbeitszimmer in der Wohnung zurückzieht", erklärte sie.

Insgesamt habe die Corona-Pandemie den Menschen gezeigt, welche Bedürfnisse und Werte für sie besonders wichtig sind, sagte die Soziologin. "Das gilt vor allem für die sozialen Kontakte, die wir vorher oft für selbstverständlich genommen haben." Vieles lasse sich zwar digital organisieren, aber das Leben sei keine Videokonferenz.