Studie: Kinder sind keine Infektionstreiber

Studie: Kinder sind keine Infektionstreiber

Stuttgart (epd). Kinder sind laut einer aktuellen Studie seltener von Infektionen mit dem Coronavirus betroffen als ihre Eltern. Die Studie mit 2.500 untersuchten Eltern-Kind-Paaren belege, dass Kinder "keine besonderen Treiber des Infektionsgeschehens" seien, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. Damit sei die schrittweise Öffnung der Kindertagesstätten und Grundschulen "verantwortbar aufgrund wissenschaftlicher Aussagen".

Hans-Georg Kräusslich, Virologe und Sprecher des Zentrums für Infektiologie am Universitätsklinikum Heidelberg, berichtete, dass Kinder aus der Notbetreuung nicht häufiger Infektionen aufwiesen als andere. Insgesamt seien bei den Tests an den 5.000 Personen, die bis Mitte Mai vogenommen wurden, nur zwei mit einer aktiven Infektion entdeckt worden. Antikörper - den Hinweis auf eine durchgestandene Infektion - gab es bei 64 Personen, 45 Eltern und 19 Kinder. Häusliche Gemeinschaft bedeute also nicht automatisch, dass Eltern und Kinder infiziert sind.

Klaus-Michael Debatin, Ärztlicher Direktor der Kinderklinik am Universitätsklinikum Ulm, nannte "Corona eine Pandemie, die wir so bisher nicht gekannt haben". Es gebe laufend neue Erkenntnisse, die zum Teil nicht zu erwarten gewesen seien. Dass Kinder für SARS-CoV-2 nicht die hohen Infektionsträger sind, wie nachgewiesenermaßen bei anderen Infekten, habe noch keine geklärte Ursache.

Mögliche Gründe seien, dass sie weniger Rezeptoren haben, an die das Virus andocken kann, dass sie über ein stärkeres Immunsystem im Nasen-Rachen-Raum verfügen, und stärkere sogenannte T-Zellen haben, die für die Immunabwehr wichtig sind. Auffällig sei auch, dass Kindern keine überschießende Entzündungsreaktion entwickeln wie Erwachsene mit schweren Krankheitsverläufen. "Womöglich können wir von Kindern etwas lernen, das bei der Behandlung helfen kann", sagte der Experte.

Für die vom Land Baden-Württemberg im April in Auftrag gegebene Studie haben erstmals Experten der vier Südwest-Universitäten Ulm, Tübingen, Heidelberg und Freiburg zusammengearbeitet. Das Ergebnis sei eine der weltweit größten Untersuchungen dieser Art. Gemeinsam hätten die vier Universitäten eine "international sichtbare Schlagkraft" entwickelt, sagten die Forscher.