Skandal um Brustimplantate: EuGH-Urteil für Frauen nachteilig

Skandal um Brustimplantate: EuGH-Urteil für Frauen nachteilig

Brüssel, Luxemburg (epd). Im Skandal um mangelhafte Brustimplantate der Firma PIP aus Frankreich hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein für Frauen aus Deutschland und anderen EU-Ländern nachteiliges Urteil gefällt. Der EuGH urteilte am Donnerstag in Luxemburg, dass die Versicherung von PIP nach EU-Recht ihren Schadenersatz auf Opfer in Frankreich beschränken dürfe. Anlass war die Klage einer Frau vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main. (AZ: C-581/18)

Die Frau hatte sich 2006 in Deutschland PIP-Brustimplantate einsetzen lassen. Diese waren nicht mit dem nötigen Spezialsilikon, sondern mit billigerem und nicht zugelassenem Industriesilikon gefüllt. Allein in Deutschland erhielten schätzungsweise 6.000 Frauen solche Implantate, die aber auch in vielen anderen Ländern vertrieben wurden.

Als sich Berichte über geplatzte und undichte Silikonkissen häuften, wurde der Vertrieb gestoppt, die Firma ging bald darauf pleite. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfahl 2012 betroffenen Frauen, die Implantate entfernen zu lassen. Das tat auch die Klägerin. Danach verlangte sie laut EuGH Schadenersatz von dem Arzt, der die Brustkissen eingesetzt hatte, vom TÜV Rheinland LGA Products, der das Qualitätssicherungssystem von PIP bewertet hatte, und von der Versicherung Allianz IARD SA.

Im aktuellen EuGH-Urteil geht es um die Versicherung. Die Allianz beruft sich nämlich laut EuGH darauf, dass ihr Deckungsschutz auf Schadensfälle in Frankreich beschränkt sei. Der EuGH musste daher auf Bitte des OLG Frankfurt das EU-Recht auslegen. Dieses verbietet nämlich, EU-Bürger aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit zu diskriminieren. Offen war, ob das Verbot die Versicherung bindet.

Der EuGH entschied nun, dass es das nicht tut. Dazu hätten nämlich zwei Bedingungen erfüllt sein müssen, von denen schon die erste nicht erfüllt gewesen sei. Der Sachverhalt der mutmaßlichen Diskriminierung hätte nämlich, erklärte der EuGH, in ein Feld fallen müssen, das vom EU-Recht geregelt wird.

Die Richter fanden im EU-Recht aber keine Stelle, die Hersteller von Medizinprodukten zu Haftpflichtversicherungen verpflichtet oder die solche Versicherungen regelt. Sie urteilten außerdem, dass ein Zusammenhang mit anderen womöglich relevanten Stellen im EU-Recht, zum Beispiel mit dem freien Warenverkehr, zu weit hergeholt wäre. Weil das EU-Recht also den konkreten Sachverhalt gar nicht regele, sei auch das EU-Diskriminierungsverbot auf den Sachverhalt nicht anwendbar. Der konkrete Fall muss nun von der deutschen Justiz abgeschlossen werden.