Arbeitsrechtler fordert Arbeitszeiterfassung für Werkvertragsarbeiter

Arbeitsrechtler fordert Arbeitszeiterfassung für Werkvertragsarbeiter
19.05.2020
epd
epd-Gespräch: Martina Schwager

Münster (epd). Der Arbeitsrechtler Peter Schüren hat die Diskussion um die Abschaffung oder Eindämmung von Werkverträgen in der Fleischindustrie als realitätsfern kritisiert. Das Grundübel seien nicht die Werkverträge an sich, sondern dass die Subunternehmer Methoden fänden, die osteuropäischen Arbeiter um ihren verdienten Lohn zu bringen, sagte Schüren in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir brauchen eine genaue und zwingend vorgeschriebene Arbeitszeiterfassung." Derzeit würden die Menschen "ausgepresst wie Zitronen" und müssten unter unmenschlichen Umständen wohnen.

Die Arbeitszeiterfassung müsse über eine sogenannte Beweislastumkehr abgesichert werden, erläuterte der geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrechts an der Universität Münster: "Das heißt, wer als Arbeitgeber die Arbeitszeit des Arbeitnehmers nicht richtig erfasst, der muss eine fiktive Arbeitszeit von zum Beispiel 48-Stunden pro Woche bezahlen." Daran müssten sich auch rumänische Subunternehmer halten.

Zusätzlich sollte der Mindestlohn auf etwa zwölf Euro angehoben werden. "Wenn wir dafür sorgen, dass jede Stunde redlich bezahlt wird, dann ist ein großer Teil der Probleme gelöst." Das Problem seien die Betrügereien beim Lohn und die schlechte Unterbringung. "Das muss und kann man ändern". Mit der von den Gewerkschaften geforderten Abschaffung der Werkverträge und der Anstellung der Arbeiter direkt bei Tönnies, Westfleisch und Co. "wäre nicht viel erreicht".

Die Fleischindustrie ist durch massive Corona-Ausbrüche in den vergangenen Tagen in einigen Firmen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Gewerkschaften und Kirchen kritisieren seit langem die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen und die Wuchermieten in heruntergekommenen Massenunterkünften. Die vielfach aus Rumänien und Polen stammenden Arbeiter sind in der Regel bei Subunternehmen beschäftigt.

Schüren betonte, die fleischverarbeitenden Firmen seien darauf angewiesen, dass Subunternehmer ihnen Arbeitskräfte im Ausland beschafften, weil es hierzulande nicht genügend gebe. Die Lösung liege nicht darin, dass man diese Strukturen verändere, erklärte der Professor für Arbeitsrecht. Die Politik müsse aber erzwingen, dass alle Arbeitnehmer anständig bezahlt und untergebracht würden, gleichgültig bei wem sie beschäftigt seien.