Bundesregierung rechnet mit steigenden Corona-Infektionszahlen

Bundesregierung rechnet mit steigenden Corona-Infektionszahlen
Söder: «Wir müssen jetzt einfach durchhalten»
Die Bürger müssen in der Corona-Krise seit zwei Wochen mit zahlreichen Einschränkungen leben. Zugleich steigt die Zahl der Infektionen weiter. Aus Sicht der Bundesregierung gibt es noch keine Entspannung.

Frankfurt a.M. (epd). In der Corona-Krise gibt es aus Sicht der Bundesregierung noch keine Entspannung. "Die Zeit mit den höchsten Infektionszahlen liegt noch vor uns", sagte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Mit Blick auf die Kontaktbeschränkungen, die bundesweit zunächst bis zum 19. April gelten sollen, appellierte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an die Bürger: "Wir müssen jetzt einfach durchhalten." Auch der Deutsche Städtetag warnte davor, die Beschränkungen in der Corona-Krise zu früh zu lockern.

Ebenso wie Braun verwies Söder auf aktuell noch steigende Infektionszahlen und rief zur Geduld auf. "Wenn wir jetzt zu schnell über die Rückkehr in den Alltag reden, verharmlosen wir die Situation und riskieren einen starken Rückfall. Das halte ich für nicht verantwortlich", sagte Söder "Bild am Sonntag". Zugleich betonte er: "Mit dem 20. April wird nicht alles automatisch so wie vor der Krise."

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) schloss eine rasche Rückkehr in einen normalen Alltag aus. "Es wird keinen Tag X geben, an dem die Krise überwunden ist und alles wird wie vorher", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Lockerungen könnten nur Schritt für Schritt zugelassen werden.

Derzeit gelten wegen der Corona-Pandemie in Deutschland massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens und privater Kontakte, auf die Bund und Länder sich geeinigt hatten. Kanzleramtsminister Braun sagte, der Maßstab für die Fortsetzung oder Lockerung der Maßnahmen sei, "dass sich in gleichen Zeitabständen weniger Menschen infizieren". Vor Beginn der Einschränkungen habe es eine Verdoppelung alle drei Tage gegeben. Um das Gesundheitswesen nicht zu überfordern, müsse man Verdopplungszeiten von deutlich über zehn Tagen haben, wahrscheinlich sogar eher zwölf oder 14 Tage.

Zugleich müsse man abwägen, wie schnell es gelinge, zusätzliche Krankenhaus- und Intensivbetten zu schaffen und die Kontaktnachverfolgung zu verbessern. Braun verwies auf das Konzept für eine europäische Tracing-App für Handy-Nutzer, mit der Corona-Kontakte nachverfolgt werden könnten. Das Konzept beruhe auf Freiwilligkeit und solle mit dem europäischen Datenschutz in Einklang stehen. "Wir brauchen dafür keine Gesetzesänderung, sondern die Bereitschaft der Bevölkerung mitzumachen", unterstrich der Kanzleramtsminister.

Braun versicherte, die Bundesregierung werde nicht aus wirtschaftlichen Gründen Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung eingehen. "Die Vorstellung, dass wir in Deutschland vielleicht bald manche Kranke nicht mehr versorgen können, weil die Zahl der Infektionen hochschießt, ist so schwerwiegend, dass ich sage: Das Wichtigste ist zunächst, dass wir das vermeiden. Dahinter steht die Wirtschaft erst mal einen großen Schritt zurück."

Auch der Deutsche Städtetag wandte sich dagegen, die Beschränkungen zu früh zu lockern. "Es darf erst dann Lockerungen geben, wenn sich ein Erfolg der Maßnahmen einstellt", sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung (SPD) am Samstag nach einer Telefonkonferenz des Präsidiums des kommunalen Spitzenverbandes. "Wir alle müssen jetzt für den Gesundheitsschutz weiter durchhalten und Kontakte auf ein Minimum beschränken, auch bei schönem Wetter und an den Ostertagen", betonte der Leipziger Oberbürgermeister.

Zugleich forderte der Städtetag die Bundesregierung auf, die flächendeckende Versorgung mit Beatmungsgeräten, Schutzkleidung und Atemschutzmasken sicherzustellen. Zudem plädierte der kommunale Spitzenverband für bundesweit einheitliche Handlungsstrategien für Corona-Infektionen in Alten- und Pflegeeinrichtungen. Nach Niedersachsen verfügte am Samstag auch Bayern einen landesweiten Aufnahmestopp für Pflegeheime. Zuvor war es nach Corona-Infektionen in Pflegeheimen in Wolfsburg und Würzburg zu zahlreichen Todesfällen gekommen.

epd jup