Durch den Mittelgang liefen zur Eröffnung junge Frauen und Männer. Ein Mitte 20-Jähriger trug ein Kreuz vorneweg. Das Thema des Gottesdienstes sollte gleich deutlich werden: Wie kann die Kirche die Frohe Botschaft jungen Menschen vermitteln?
Der Gottesdienst war eine Spurensuche: Vier junge Menschen durften auftreten und von ihrem Glauben berichten. Zuerst waren zwei Architektinnen an der Reihe, dem Gottesdienst-Publikum zu berichten, was sie unter "moderner Gemeinde" verstehen: Christiane und Julia hatten in einem Studien-Projekt einen Kirchenraum neu gestaltet. Zentral sei dabei gewesen, die Kirchenbänke rauszuräumen und Hocker mit ausziehbarer Lehne im Kirchenraum zu verteilen. Dies sorgte für kurzes erfreutes Lachen während des Gottesdienstes in St.Stephan. Jeder solle sich hinsetzen können, wo er will, sagten die beiden Frauen. "Eine moderne Gemeinde?", fragten sie. "Das ist eine Gemeinde mit vielen Individuen, die dennoch alle ihren Platz finden."
Der Student Jonathan, der sagte, er sei Agnostiker und kein Mitglied der Kirche, erzählte von seinem Engagement in einer Evangelischen Studierenden-Gemeinde. Im "Garten Eden" seiner Hochschule pflanzt und erntet er gemeinsam mit anderen. Das angebaute Obst und Gemüse kochen die Studierenden anschließend und verteilen es in "solidarischen Küchen" an von Armut betroffene Menschen; zusätzlich mit Lebensmitteln, die sie vor dem Wegwerfen gerettet haben. "Wir wünschen uns einen Sinn für unsere Reise namens Leben. Vieles kann das Christentum geben", sagte Jonathan am Ende seiner Geschichte. Was, sagte er leider nicht. Sein Hinweis jedoch war klar: Junge Leute wie er, wollen etwas Sinnvolles tun. "Der Weg ist das Ziel", schloß Jonathan seine Worte.
Dann trat Youtuberin Jana auf, die in ihrem Videoblog anderen jungen Leuten zeigen will, dass der Glaube nichts Abstraktes ist, sondern eine große Kraft für den Alltag. Sie erzählte im Gottesdienst von einer Begegnung: Eine Frau, die in einem Altenheim arbeitet, habe sie gefragt, ob es nicht besser sei, direkt mit Menschen zu sprechen, als sie mit Videos zu adressieren. Janas Antwort: Christen sollten überal sein. Sowohl im Alternheim, als auch im Internet. Als auch an allen anderen Orten - damit sie an allen Orten die Botschaft verkünden könnten: "Ich wünsche mir so sehr, dass es die Liebe ist, die aus uns spricht."
Der Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm predigte zu 2. Kor 3,17: "Der Herr ist der Geist und wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit."
Kirche als behäbige Institution?
Mit Kirche verbänden viele junge Leute erstmal eine Institution, die ziemlich behäbig sei, sagte er. Doch Gott lieben und den Nächsten lieben, das gehöre untrennbar zusammen, das sei eine seiner tiefsten Glaubensüberzeugungen. Und es sei eben diese Kirche, die die "wunderbare Botschaft des Evangeliums von der Liebe Gottes durch all die Jahrhunderte hindurch bis heute weitergegeben hat". Diese Kirche aber wiederum müsse von allen Altersgruppen gemeinsam gestaltet werden.
Auch auf den Ersten Weltkrieg und die Rolle der Kirche dabei ging er ein, dessen Ende sich diesen Monat und dieses Jahr zum 80. Mal jährt.
Ungeplant passte ein weiterer Teil seiner Predigt auf das, was sich während des Gottesdienstes außerhalb von St. Stephan abgespielt hatte: "Jeden Tag sind unzählige Menschen in unserem Land ein lebendiger Kommentar zu dieser Freiheit eines Christenmenschen. Indem sie Kranke besuchen. Indem sie für ihre pflegebedürftigen Eltern da sind. Indem sie Menschen beistehen, die in Armut leben", sagte Heinrich Bedford-Strohm.
Währenddessen sammelten sich Mitarbeiter der Diakonie mit Laternen (der heutige 11.11. ist St.-Martins-Tag) vor der Kirche und verteilten Flyer an die Synodalen: Eine Einladung zu einem Gespräch direkt nach dem Gottesdienst. "Wir laden Sie herzlich zu einem freundlichen Gespräch über die Arbeitsbedingungen in Diakonie und Kirche ein", stand darauf. Anschließend zogen die circa 60 demonstrierenden Diakonie-Mitarbeiter in einem Laternen-Umzug durch Würzburg in Richtung der Tagungsstätte der Synodalen, sangen umgedichtete Martins-Lieder und hofften auf ein Gespräch mit den Menschen, von denen sie sich einen positiven Einfluss auf ihre Arbeitsbedingungen erhoffen.