Mit seinem letzten Bericht vor der Generalsynode der VELKD hat sich Gerhard Ulrich als leitender Bischof der deutschen Lutheraner verabschiedet. Der Landesbischof der Nordkirche sprach sich deutlich dafür aus, dass sich Christinnen und Christen gegen den "Chor von Hass, von Vorurteilen, von Gewalt, von Hetzparolen" stellen. "Es ist ein Angriff auf den Rechtsstaat und auf die christlichen Wurzeln unserer Gesellschaft, wenn ein Politiker tönt, in einem Rechtsstaat sei kein Platz für Barmherzigkeit!", sagte Bischof Ulrich.
Einen Tag vor dem 80. Jahrestag der Reichspogromnacht bat der Landesbischof die Opfer um Vergebung und erinnerte daran, dass "Nächstenliebe und Rassismus sich ausschließen, weil es eben nicht vereinbar ist, den Menschen als Gottes geliebtes Geschöpf zu verstehen und gleichzeitig menschenverachtende Politik zu unterstützen".
Religion könne nicht die Grundlage politischer Ordnung sein, betonte Ulrich. Stattdessen könne der Glaube den Menschen Orientierung geben, Gemeinschaft stiften und – mit Verweis auf die Barmer Theologische Erklärung – auch die Quelle für ein klares Wort sein, wenn es dessen bedarf. Aus dem Glauben könne man Zuversicht ziehen, um den Herausforderungen einer komplexen Welt zu begegnen, darunter Klimawandel, Armut, Flucht, Krieg und Diktaturen.
Der Bericht des Leitenden Bischofs auf der VELKD-Generalsynode dient aber nicht nur der allgemeinen Positionierung (gesamter Bericht als PDF bei der VELKD). Ulrich berichtete auch über die Arbeit des vergangenen Jahres in der VELKD. Unter anderem hat die VELKD ihre bereits im vergangenen Jahr beschlossene neue Taufagende an die Gemeinden gegeben. Die Perikopenrevision tritt zum 1. Advent 2018 in Kraft, mit einer für Ulrich vielfältigeren Auswahl an biblischen Texten und Liedern. Und die Frage, wie die Gleichstellung der Trauung oder Segnung gleichgeschlechtlicher Paare konkret aussehen soll, wird in den lutherischen Gliedkirchen weiter diskutiert.
Gut verkauft hat sich der "Elementarkatechismus" der VELKD. 18.500 verkaufte Exemplare stehen für Bischof Ulrich für "einen Bedarf an religiöser Bildung" und daran, die "Weitergabe unserer lutherischen Tradition" nicht abreißen zu lassen. Auch das Verbindungsmodell, also die neue Zusammenarbeit der lutherischen und unierten Kirchenämter im Kirchenamt der EKD in Hannover, hob Ulrich noch einmal hervor. Das Klima im gemeinsamen Kirchenamt habe sich inzwischen gewandelt, von einem "manchmal schwer zu erkämpfenden Miteinander" zu einer "konstruktiven Selbstverständlichkeit".
Orientierung im Leben, Digitalisierung und Jugend als Zukunftsthemen
Die Frage, was eigentlich lutherisch ist und was das konkret bedeutet, hat Bischof Ulrich in seiner Amtszeit als Leitender Bischof der VELKD seit 2011 immer begleitet. Der Reformationstag als Feiertag auch in den norddeutschen Bundesländern habe ihm gezeigt, dass sich das nicht von selbst erkläre – und auch, dass die "Schmerzen und Wunden" der Vergangenheit immer wieder überwunden werden müssten, gerade mit Blick auf das "Unsägliche", was Luther über die Juden gesagt hat.
Für die Zukunft gab Ulrich der VELKD drei große Themen mit: weiter Energie in die Fragen des Glaubens und des Lebens zu investieren, "auf die es keine einfachen Antworten geben kann"; Glaube leben "unter den Bedingungen der Digitalisierung"; und den Glauben an die jüngere Generation weiterzugeben. Die VELKD verabschiedete Bischof Ulrich mit stehendem Applaus aus seinem Amt.
Die Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) tagt vom 8. bis 10. November in Würzburg. Parallel tagt auch die Vollkonferenz der Union Evangelischer Kirchen (UEK). Anschließend tagt die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 11. bis 14. November. Schwerpunkte der Synodentagung werden die Themen Jugend und Kirche, Aufarbeitung von Missbrauch und die Digitalisierung der Kirche sein.