Knapp jeder zehnte Haushalt mit Pflegebedürftigen in Deutschland beschäftigt eine meist aus Osteuropa stammende Hilfskraft. Damit setzen mehr als 200.000 Haushalte im Land solche Betreuungskräfte ein, wie aus einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Studie der deutsch-polnischen Wissenschaftseinrichtung GPPLEN (German-Polish Centre for Public Law and Environmental Network) der Universitäten Cottbus und Breslau hervorgeht. Der Bedarf für solche Hilfskräfte sei vorhanden, der Markt dafür bewege sich jedoch wegen fehlender gesetzlicher Regelungen in einer Grauzone zwischen Legalität und Illegalität, sagte Instituts-Direktor Lothar Knopp.
Die Finanzierung solcher Hilfskräfte durch Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müsse erleichtert werden. Dazu sollten Pflegegeld und Steuerfreibeträge erhöht werden, sagte Knopp. Die bisherigen Regelungen mit einem Steuerfreibetrag von bis zu 20.000 Euro im Jahr für die Beschäftigung von Hilfskräften in der häuslichen Pflege seien unzureichend. Die tatsächlichen Kosten könnten so nicht finanziert werden.
Zeitdruck, Erschöpfung und prekäre Arbeitsverhältnisse
Laut einer weiteren am Dienstag in Düsseldorf veröffentlichten Studie haben 14 Prozent der Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen einen Migrationshintergrund, im ambulanten Sektor sind es elf Prozent. Bei den Arbeitsbedingungen seien in Deutschland deutliche Unterschiede zwischen Pflegekräften mit und ohne Migrationshintergrund erkennbar, erklärte Studienautorin Hildegard Theobald, deren Untersuchung von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde.
Unbezahlte Überstunden machen demnach 41 Prozent der Migranten und 18 Prozent der anderen Beschäftigten. Noch schlechter sieht es bei den Ungelernten aus. Zudem erfahren Migranten, die in der Pflege arbeiten, wenig Wertschätzung. Von ausländerfeindlichen Kommentaren sind laut Studie 15 Prozent betroffen.
Wie die Unteruschung weiter ergab, klagen Pflegekräfte in Schweden und Japan wie ihre Kollegen in Deutschland über Zeitdruck, Erschöpfung und prekäre Arbeitsverhältnisse. Allerdings laufe in Schweden manches besser, hieß es. Das skandinavische Land tue sich immerhin durch eine umfassende Qualifizierungsstrategie für die Beschäftigten hervor, erklärte die Sozialwissenschaftlerin Theobald von der Universität Vechta.
Deutschland verfüge über ein relativ hohes Qualifikationsniveau in der ambulanten Pflege, die stationären Einrichtungen stünden in dieser Hinsicht allerdings relativ schlecht da. Theobald sprach sich daher für mehr berufsbegleitende Angebote aus.
Prekäre Beschäftigungsformen wie Minijobs und stundenweise Beschäftigung machen der Untersuchung zufolge im ambulanten Sektor in Deutschland etwa ein Fünftel der Beschäftigungsverhältnisse aus, vor allem Helfer und Ungelernte sind davon betroffen. In Schweden schwankt der Anteil zwischen 15 Prozent bei den öffentlichen Dienstleistern und 34 Prozent bei den privaten Konkurrenten. Für die Studie wurden Daten aus den Jahren 2005 bis 2012 erfasst, die sich auf insgesamt 2.500 Beschäftigte beziehen.