Experte: Schon geringe Mengen Alkohol schädigen das ungeborene Kind

Experte: Schon geringe Mengen Alkohol schädigen das ungeborene Kind
Der Psychologe Klaus ter Horst hat zum Welttag des alkoholgeschädigten Kindes heute auf Informationslücken in der Bevölkerung zum Alkoholkonsum von Schwangeren aufmerksam gemacht.
09.09.2016
epd
epd-Gespräch: Martina Schwager

Bad Bentheim (epd). Sogar manche Frauenärzte behaupteten noch immer, schwangere Frauen dürften ruhig hin und wieder ein Glas Sekt trinken, sagte Klaus ter Horst, therapeutischer Leiter des diakonischen Eylarduswerks in Bad Bentheim, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Dabei gibt es tatsächlich keine unschädliche Menge Alkohol für ein ungeborenes Kind." Je mehr Alkohol die schwangere Frau konsumiere, desto schwerer falle die Schädigung aus. Experten sprächen vom fetalen, also vorgeburtlichen, Alkoholsyndrom, kurz FAS.

Ungefiltert auf das Kind

Der Psychologe wünscht sich von Politik und Wirtschaft mehr Sensibilität für das Thema und eine Kampagne ähnlich der gegen das Rauchen. "Es gibt auf keiner Schnaps-, Bier- oder Weinflasche den Hinweis: Bitte trinken sie keinen Alkohol, wenn sie schwanger sind. Sie schädigen damit ihr ungeborenes Kind nachhaltig."

Der Alkohol gehe völlig ungefiltert auf das Kind über. Da Alkohol ein Zellteilungsgift sei, wüchsen Gehirn, Organe und Gliedmaßen unter Alkoholeinfluss gar nicht oder langsamer, sagte der Experte: "Die Schwere der Schädigung ist davon abhängig, ob der Zellhaufen oder später der Embryo dauerhaft im Alkohol schwimmen oder etwa nur am Wochenende."

FAS-Kinder seien nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Allerdings blieben sie in der Regel eher klein und hätten auch einen kleinen Kopf. Viele hätten einen Herzklappenfehler, eine Leberschädigung und Gleichgewichtsstörungen, zählte ter Horst auf. Bei manchen seien die Gliedmaßen nicht richtig ausgeprägt.

Meist nicht lebenstüchtig

Kinder mit einem FAS-Syndrom hätten ausgeprägte Konzentrations- und Lernstörungen. Auch als Erwachsene seien sie meist nicht lebenstüchtig und könnten kein selbstständiges Leben führen. Sie könnten nicht gut Prioritäten setzen, mit Geld umgehen oder Gefahren erkennen. Auch seien sie mit Zeitstrukturen oder juristischen Vorgaben etwa für Miet- oder Handyverträge überfordert, sagte der Experte: "Sie vergessen vieles von dem, was sie einmal gelernt haben. Sie sind leichtgläubig und lassen sich gern verleiten."

Wenn ihnen nicht geholfen werde, endeten sie häufig in der Obdachlosigkeit, in der Sucht oder in Depressionen, warnte der Einrichtungsleiter. Das Eylarduswerk betreibt eine von bundesweit zwei Beratungsstellen zum Fetalen Alkholsyndrom in der Jugendhilfe.