Gauck: Lutherbibel ist "unser aller Buch" geworden

Joachim Gauck spricht in der Frankfurter Dreikönigskirche bei der Eröffnung der Ausstellung "Luthers Meisterwerk - ein Buch wie eine Naturgewalt", die im Frankfurter Bibelhaus Erlebnis-Museum gezeigt wird.
Foto: epd-bild/Jochen Guenther
Joachim Gauck spricht in der Frankfurter Dreikönigskirche bei der Eröffnung der Ausstellung "Luthers Meisterwerk - ein Buch wie eine Naturgewalt", die im Frankfurter Bibelhaus Erlebnis-Museum gezeigt wird.
Gauck: Lutherbibel ist "unser aller Buch" geworden
Ausstellung in Frankfurt zeigt Spitzendrucke der ältesten Bibelübersetzungen
Bundespräsident Joachim Gauck hat die Lutherbibel als eines der wichtigsten geistigen und kulturellen Erzeugnisse der deutschen Nation bezeichnet. Die Bibelübersetzung Martin Luthers (1483-1546) sei "unser aller Buch geworden", sagte Gauck am Dienstagabend in Frankfurt am Main. Als "Sprachkünstler im Nebenberuf" habe der Reformator die Seele der deutschen Sprache lebendig werden lassen, "weil ihm das Seelenheil seiner Deutschen am Herzen lag", ergänzte das Staatsoberhaupt laut Redetext.

Gauck sprach bei der Eröffnung der Ausstellung "Luthers Meisterwerk - ein Buch wie eine Naturgewalt", die ab Mittwoch im Frankfurter Bibelhaus-Museum gezeigt wird. Mit originalen Bibeln aus dem 15. und 16. Jahrhundert, multimedialen Angeboten und einem umfangreichen Begleitprogramm wird die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte der Lutherbibel illustriert. "Luther hat uns nicht nur das Wort Gottes auf deutsch geschenkt - ... - er hat auch Begriffe und Sprachbilder gefunden, die die deutsche Sprache und das Denken auf deutsch bis heute prägen", sagte der Bundespräsident.

In erster Linie habe Luther sich als Seelsorger verstanden, sagte Gauck, der von Haus aus evangelischer Pfarrer ist. In eine heute kaum noch vorstellbaren Dringlichkeit sei es ihm um das eigene Seeleheil und das der Mitmenschen gegangen. Die ganze Kraft und Präzision, die Sprachgewalt und der poetische Zauber von Luthers Übersetzung der Heiligen Schrift habe allein die "Verankerung des Wort Gottes in den Seelen der Menschen" als Ziel gehabt.

###mehr|terms|5559+16811+2151+3123+7893###

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte, die Lutherbibel mit ihrer starken Wirkung auf die deutsche Sprache gehöre bis heute zum kulturellen Gedächtnis. Das Bibeldeutsch des Reformators sei mit vielen Wendungen fester Bestandteil des Deutschen. "Jede Revision - jede Anpassung der Lutherübersetzung an den sich wandelnden Gebrauch einer Sprache, die ja etwas sehr Lebendiges ist, bedarf darum besonderer Behutsamkeit", warb der Landesbischof laut Redetext. An diesem Mittwoch nimmt Bedford-Strohm auf der Wartburg die aktuelle Überarbeitung der Lutherbibel entgegen, sie wird zum Reformationstag 2016 offiziell eingeführt. 

Zum Erfolg der Lutherbibel haben Bedford-Strohm zufolge neue mediale Möglichkeiten beigetragen, wie günstige Preise und weite Verbreitung durch neue Drucktechniken. Die evangelischen Kirchen hätten die Bibel durch den Gebrauch im Gottesdienst und Schulunterricht "unters Volk gebracht", ergänzte der Ratsvorsitzende, der Schirmherr der Ausstellung ist.

Bedford-Strohm: "Bibel bezieht sich unmittelbar auf das eigene Leben"

Mit der kulturellen Bedeutung von Luthers Bibelübersetzung hänge deren religiöser Gebrauch eng zusammen, sagte Bedford-Strohm. Dabei beziehe sich die Bibel unmittelbar auf das eigene Leben. "Dafür muss man sich entscheiden. Das ist mit Anstrengung verbunden, und zwar nicht nur intellektueller." Beim religiösen Gebrauch der Bibel sei gleichermassen Fremdheit und Zugänglichkeit zu erfahren. Der Theologe räumte zugleich ein, dass die Prägekraft der Bibel nachlasse. "Es gibt so etwas wie einen kulturellen Gedächtnisverlust." Dagegen müssten kreative Formen kulturellen Gedächtnistrainings entwickelt werden. 

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung äußerte sich überzeugt, dass die Bibel in der Sprachkraft Martin Luthers auch 500 Jahre nach der Reformation "in unser Leben hinein spricht". Mit Worten die persönlich berühren und trösten sowie gesellschaftlich orientieren könnten, sagte Jung.

Die Ausstellung zeigt nach Angaben des Museums nicht nur die historisch kostbaren Buchbände der Reformationszeit mit ihren reichhaltigen Illustrationen, sondern auch alle Schritte hin zu Luthers Bibelübersetzung. So ist ein Exemplar des ersten mit beweglichen Metalllettern gedruckten Buches zu sehen, die Gutenberg-Bibel von 1454/55, sowie vorlutherische Übersetzungen auf Deutsch, wie die prachtvoll geschmückte Nürnberger Koberger-Bibel (1483).

Christoph Markschies: "Zuviel Fantasie bei Bibelübersetzungen?"