Studie: In Kinderhospizen arbeiten zu wenig Männer

Studie: In Kinderhospizen arbeiten zu wenig Männer
Die Kinderhospizarbeit in Deutschland wird einer neuen Studie zufolge fast nur von Frauen gestaltet. Dies könne besonders für die schwerstkranken männlichen Kinder und Jugendlichen zum Problem werden, sagte der Leiter der Studie, Sven Jennessen, auf einer Tagung des Deutschen Kinderhospizvereins in Wuppertal.

"Gerade die Jugendlichen kennen Schamgefühle und wollen, dass ihre Intimsphäre gewahrt wird." Außerdem sehnten sich viele Jungen nach einer männlichen Begleitung, weil diese in der Regel andere Akzente in der Betreuung setze. In Deutschland sind 90 Prozent der Mitarbeiter in stationären Kinderhospizen und 86 Prozent in den ambulanten Diensten weiblich.

Da die Hälfte der rund 22.500 betroffenen Kinder und Jugendlichen männlich sei, gebe es in Deutschland noch einen "hohen Entwicklungsbedarf" in der Personalpolitik der Kinderhospize, erklärte der Koblenzer Professor für Sonderpädagogik weiter. In der Arbeit müssten die Bedürfnisse beider Geschlechter stärker berücksichtigt werden, forderte Jennessen. Die Gestaltung der Hospize sei zu weiblich. "Männer gehen anders mit dem Thema Sterben, Tod und Trauer um und fühlen sich dort häufig nicht gut aufgehoben."

Männer und Frauen sollen ihre Stärken kombinieren

Der Deutsche Kinderhospizverein kündigte an, sich in Zukunft stärker um ein ehrenamtliches Engagement von Männern bemühen zu wollen. "Sie gehen meistens aktiver mit den erkrankten Kindern um und das tut ihnen gut", beobachtet Petra Stuttkewitz vom Vorstand des Kinderhospizvereins. Oft aber könnten sie die Situation, ein Kind sterben zu sehen, schlechter aushalten und zögen sich zurück oder verfielen in Aktionismus. "Hier müssen sich Frauen und Männer in der Arbeit stärker aufeinanderzubewegen."

Beim Tod eines Kindes muss die Kommunikation in den Kinderhospizen der Studie zufolge noch verbessert werden. Hier erlebten Eltern häufig eine "offene, aber passive Haltung" der Mitarbeiter, sagte Jennessen. "Viele können besser mit anderen Müttern und Vätern über den Tod ihres Kindes sprechen als mit den Mitarbeitern, die ihr Kind in den letzten Monaten betreut haben." Ein weiterer Kritikpunkt sei der häufige Personalwechsel in den stationären Einrichtungen. "Eltern wünschen sich klare und verlässliche Ansprechpartner."

Insgesamt gute Noten für die Pflegequalität

Insgesamt aber zieht Jennessen eine positive Bilanz der Pflege- und Betreuungsqualität in den Kinderhospizen. 76 Prozent der befragten Familien hätten angegeben, sich mit Hilfe der professionellen Unterstützung sehr gut bis gut entspannt zu haben und 71 Prozent fühlten sich für ihren Alltag gestärkt. Auch die Beschäftigten seien mit ihrer Arbeit zufrieden, erklärte der Sonderpädagoge. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter fühlten sich gut qualifiziert und durch Supervisionen unterstützt. Kritik übten sie laut Jennessen nur an der zum Teil geringen Aufwandsentschädigung für ihr soziales Engagement.

Die Untersuchung ist den Angaben zufolge die erste umfassende Studie zur Qualität der Kinderhospizarbeit in Deutschland. Im Auftrag des Deutschen Kinderhospizvereins hat der Koblenzer Sonderpädagogikprofessor Sven Jennessen drei Jahre lang die ambulante und stationäre Kinderhospizarbeit analysiert, Mitarbeiter von Einrichtungen und Diensten sowie 271 Eltern lebensverkürzend erkrankter Kinder befragt. In Deutschland gibt es den Angaben zufolge zehn stationäre Kinderhospize und 73 ambulante Dienste, die tödlich erkrankte Kinder und Jugendliche betreuen.

epd