Luther ist Wurst

Luther ist Wurst
Das Lutherjubiläum treibt seltsame Blüten. Neu: Die Luther-Salami. Wir hätten da noch ein paar Vorschläge.

Das Lutherjahr hat kaum begonnen, da kommt es uns schon wieder zu den lutherischen Ohren raus. Was sich die Leute alles einfallen lassen! Manches auch mit großem Erfolg: Die Playmobil-Lutherfigur dürfte wohl mittlerweile in fast jedem Pfarrerhaushalt in Deutschland stehen; entweder selbst gekauft oder – bei denen, die diese Form der Personenverehrung vehement ablehnen – von irgend jemandem mit Augenzwinkern und einem „ist doch lustig“ geschenkt bekommen. Wenn Sie noch weitere Ideen brauchen, um Ihre/n Pfarrer/in mit einem kleinen Präsent zum Geburtstag oder Weihnachten zu überraschen: Wir hätten da noch die Luther-Plätzchenbackform, die Luther-Quietscheente (schwimmt nicht aufrecht), die Luthertomaten oder den ICE Martin Luther im Angebot, wobei letzterer etwas schwierig zu verschenken sein dürfte und auch nicht den Vorschriften über den Maximalwert von Geschenken entspricht.

Ist Ihnen das alles noch nicht genug? Vielleicht haben sie ja auch ein wenig Hunger. Wie wäre es mit einer leckeren Salami? Passt auch ganz gut zu den Tomaten. Ja, tatsächlich: Ganz neu im Angebot: Die Luther-Salami aus Oberweißbach im Thüringer Wald. In, hm, Bibelform. Mit aufgedruckter Lutherrose. Die Lutherbibel zum Essen gewissermaßen. Oder, wie der Evangelist Johannes es ausdrückte: Das Wort ward Fleisch. (Johannes 1,14)

Wir fühlen uns ein wenig an den Propheten Hesekiel/Ezechiel erinnert, der von Gott den Befehl bekam, die Worte Gottes in Form einer Schriftrolle aufzuessen, um sie im wahrsten Sinne des Wortes zu verinnerlichen (Hes 3, 1-3). Auch wenn das trockene Pergament – oder welches Material sie damals auch immer hatten – nach eigener Aussage süß in seinem Munde schmeckte: Was hätte der sich über ein wenig Salamigeschmack gefreut! Schließlich sind ja auch Salamis meist rollenförmig, das passt dann auch wieder. Oh, nun ja, vielleicht hätte er sich doch nicht so sehr gefreut. Vermutlich enthält diese Salami Schweinefleisch, das Alte Testament hingegen, also ein Teil der Bibel, wendet sich gegen den Verzehr desselben. Eine Bibel aus Schweinefleisch ist also auch nicht ganz ohne und in gewisser Weise ein Widerspruch in sich selbst.

Nicht geklärt ist auch die Frage, wie man diese Bibel anschneidet. Müssen wir uns einzelne Seiten aus dem Buch heraussäbeln? Oder können wir auch die obere oder sonst eine Kante anschneiden und uns vor da aus durch die Lutherbibel arbeiten? Darf diese Bibel einfach von einer Schneidemaschine automatisiert geschnitten werden oder benötigen wir eine 70köpfige Kommission, die über die rechte Schneidetechnik in langjährigen Beratungen befindet? Auch auf die essentielle Frage, welche Lutherrevision der Salami zugrundeliegt, gibt die recht knapp gehaltene Pressemitteilung der Naturfleisch GmbH keine Antwort. Und eine ISBN scheint die Wurst auch nicht zu haben. Gilt für Wurst in Buchform eigentlich die Wurstpreisbindung?

Wie dem auch sei, wir hätten da noch ein paar Vorschläge für weitere Luthervermarktungen, wo wir gerade so schön in Fahrt sind:

  • Nachdem Martin Luther derzeit so attraktiv und verkaufsfördernd erscheint, beginnt Volkswagen den Weg aus der Vertrauenskrise mit einem völlig neuen Modell: Dem VW Luther mit Öko-Elektroantrieb (schließlich heißt sol, wie in „sola gratia“, auch Sonne auf Lateinisch). Im unwahrscheinlichen Fall einer Panne oder leeren Batterie blendet die Elektronik automatisch den Satz „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ ein.

  • Der neue Berliner Flughafen wird in „Martin Luther“ umbenannt und pünktlich zum 601jährigen Reformationsjubiläum eröffnet. Er steht ja nun mal schon da, muss man ja irgendwie dran weiterarbeiten, kann man nicht anders. Den Flugverkehr in und um Berlin wird er sicher revolutionieren.

  • Google nennt seine nächste Android-Betriebssystemversion („Android O“) einmal nicht nach einer Süßigkeit, sondern, nun ja, ein wenig gekünstelt, „Ordensbruder Martin Luther“ (M war ja leider schon „Marshmallow“ und L stand für „Lollipop“), um das revolutionäre Element dieses neuesten Updates herauszustellen.

  • Ein großer Burgerbrater nimmt einen McLuther ins Programm auf, wobei uns der Bezug zur Reformation in diesem Fall nicht so ganz klar ist, aber Hauptsache wir lieben es und werden dick und rund dabei. Und schließlich hat Luther auch gerne gegessen und dabei sogar seine McTischreden von sich gegeben, die gibt‘s dann übrigens im Kindermenü gratis dazu.

  • Helene Fischer bringt eine CD mit Lutherliedern heraus, die in den Charts rauf und runter gespielt werden.

  • Thomas Gottschalk kehrt mit der großen Samstagabendschau „Deutschland sucht den Superreformator“ ins Fernsehen zurück. Das Konzept ist derzeit noch geheim, interessiert aber eigentlich auch niemanden.

Ach, zum Glück ist das alles nur Spaß. Aber man weiß ja nie: „Trump als US-Präsident“ war damals bei den Simpsons auch nur Spaß. Lehnen Sie sich zurück, genießen Sie noch ein Stück Salami mit Tomate, bestaunen Sie das Reformationsgedenkjubeljahr und die schrägen Ideen der Marketing-Experten, die da noch auf uns zukommen mögen. Guten Appetit und wohl bekomm‘s.

http://www.naturfleisch-oberweissbach.de/Aktuelles.html