Bringen sie ihre Enkel mit zur Arbeit oder erlaubt ihr Arbeitgeber, dass sie sich um ihr krankes Haustier kümmern? Dann arbeiten sie vielleicht in einer Einrichtung der Diakonie oder der Evangelischen Kirche, die mit dem "Gütesiegel Familienorientierung" zertifiziert ist.
Die Diakonie und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) haben in einer gemeinsamen Initiative das „Evangelische Gütesiegel Familienorientierung“ entwickelt. Damit wollen sich Kirche und Diakonie als Arbeitgeberinnen für Menschen mit familiären Aufgaben einsetzen. Mit einem Fachtag in Berlin ging die erste dreijährige Pilotphase zu Ende. Die ersten zwölf Unternehmen sind damit zertifiziert. 60 weitere Einrichtungen, Dienste und Träger aus Diakonie und Kirche sollen in den kommenden drei Jahren folgen - und ihre Personalpolitik familienorientiert weiterentwickeln.
„Durch ihre Bereitschaft mitzumachen und Neues zu erproben, haben sie das Gütesiegel aktiv mitgestaltet und viel dazu beigetragen, dass für andere kirchliche und diakonische Einrichtungen jetzt ein praxistauglicher Baustein für ein modernes Personalmanagement zur Verfügung steht“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, in seiner Begrüßungsrede. Noch immer sei es eine Zukunftsfrage, wie es besser gelingen kann, dass Frauen und Männer sowohl eine ambitionierte Berufstätigkeit ausüben können als auch über genügend Zeit und Flexibilität verfügen, um gleichzeitig für Kinder und Angehörige sorgen zu können. „Die Erwerbsarbeitswelt steht vor der Aufgabe, sich auf grundlegend veränderte Bedingungen einzustellen. Betriebe und Einrichtungen müssen den Blick dafür weiten, dass Menschen heute im Normalfall sowohl Erwerbs- als auch Sorgearbeit leisten und die nachteilsfreie Verbindung ermöglichen.“
„Wichtig ist uns, uns nicht nur politisch für die Stärkung von Familien und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf einzusetzen, sondern dies auch in unserer Rolle als Arbeitgeber umzusetzen“, sagte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. „Mit dem Evangelischen Gütesiegel Familienorientierung haben wir ein Instrument entwickelt, um Familienfreundlichkeit strategisch und strukturell in der Personalpolitik evangelischer und diakonischer Einrichtungen und Dienste zu verankern. Wir sind sicher, dass davon nicht nur die Mitarbeitenden und ihre Familien, sondern auch unsere Träger, Einrichtungen und Dienste durch qualifizierte Bewerbungen, sinkende Fehlquoten und stärkere Verbundenheit ihrer Mitarbeitenden profitieren“, so Loheide.
Das Evangelische Gütesiegel Familienorientierung versteht sich als Auszeichnung für familienorientierte Angebote in den Einrichtungen. Diese Angebote können von Träger zu Einrichtung unterschiedlich sein, da sie sich flexibel an den unterschiedlichen Rahmenbedingungen orientieren. Das Zertifizierungsverfahren wurde so konzipiert, dass es sich insbesondere für kleine (bis 100 Mitarbeitende) und mittlere Anstellungsträger (bis 500 Mitarbeitende) eignet, da diese in der Regel über weniger Ressourcen und KnowHow verfügen, um ihre Personalpolitik strategisch weiterzuentwickeln.
Das "Gütesiegel Familienorientierung" folgte als Konsequenz aus einer Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts (SI) der EKD aus dem Jahr 2013. Die Studie hatte für Diakonie und Kirche strukturelle Defizite auf dem Feld familienorientierter Personalpolitik festgestellt - obwohl sich die Unternehmen grundsätzlich offen zeigten. Das Gütesiegel soll nun diese strukturellen Defizite der Personalpolitik beheben.