Lynda M. Gonález
Christlicher Nationalismus in USA
Jesus ist nicht nur für die Weißen da
Im Design District von Dallas, in einem alten Industriegebäude mit unverputzten Wänden, empfängt Amanda Tyler in ihrem Co-Working-Space. Hier gibt es Einzel- und Großraumbüros, Sitzecken mit bequemen Sesseln und eine Küche, in der sich Kartons mit Bagels stapeln. Tyler ist die Leiterin des landesweiten Projekts "Christians against Christian Nationalism", das sich dem Kampf gegen den christlichen Nationalismus widmet.
Seit über einem Jahr lebt die Juristin mit ihrer Familie wieder in Texas. Amanda Tylers Mann ist jüdisch, ihr Sohn wächst mit beiden Religionen auf. Die 46-Jährige ist mit der Sonntagsschule in texanischen Baptistengemeinden groß geworden. Auch jetzt noch ist sie in einer Gemeinde engagiert und betont: "Ich liebe die Bibel und sehe ihren Wert in vielen Lebensbereichen." Entscheidend sei aber, dass die Regierung den Bürgern die Religion nicht verordnen dürfe, dass Staat und Religion getrennt seien. "Und der Grundsatz der Religionsfreiheit, den uns die Verfassung garantiert, ist derzeit in Gefahr", sagt Tyler.
Dafür, wie real die Gefahr ist, die von christlichem Nationalismus ausgeht, steht ein Datum, das sich ins nationale Gedächtnis eingebrannt hat: Am 6. Januar 2021 stürmte ein wütender Mob das Kapitol in Washington. Gewaltbereite Teilnehmer trugen christliche Symbole wie das Kreuz bei sich, beteten demonstrativ während des Tumults. Es zeigte sich eine Allianz, die über Jahrzehnte gewachsen war – die enge Verbindung zwischen ultrakonservativen, rechtsextremen Kräften und religiöser Ideologie.