"Mord mit Aussicht", 18. Mai, 20.15 Uhr im Ersten
Auf solche Ideen muss man erst mal kommen: Eine Diebstahlsserie gilt einem Haufen Muttererde, und Opfer diverser Anschläge waren unschuldige Kühe, die in jugendlichem Übermut umgeschubst wurden. "Mord mit Aussicht" war die vergnüglichste von drei Krimiserien, mit denen die ARD vor zwei Jahren versuchte, am chronisch quotenschwachen Montagabend zu punkten. "Ein Fall für Nadja" sowie "Elvis und der Kommissar" haben die Erwartungen nicht erfüllt, aber die schrägen WDR-Geschichten aus der Eifel sind fortgesetzt worden. Die neuen Folgen gibt’s aber erst im Juli; die ARD wiederholt zunächst die ersten sechs Episoden.
Mit Caroline Peters
Sehenswert sind sie alle, dafür stehen nicht zuletzt die Regisseure Arne Feldhusen ("Stromberg") und Christoph Schnee ("Zwei Engel für Amor"). Und natürlich die Hauptdarstellerin: Die Kölnerin Caroline Peters, für ihre Rolle in "Arnies Welt" mit einem Adolf Grimme Preis ausgezeichnet, ist alles andere als eine typische Seriendarstellerin. Gerade deshalb passt sie perfekt in die Rolle der Kölner Kriminalkommissarin Sophie Haas, deren eigenwillige Methoden nicht immer im Einklang mit Recht und Gesetz stehen; und schon gar nicht mit den Vorstellungen ihres Vorgesetzten. Daher fällt die erhoffte Beförderung auch völlig anders aus als erhofft: Haas wird nicht etwa Chefin der Mordkommission, sondern, wie sie voller Grimm feststellt, "nach Taka-Tuka-Land" versetzt; in die hinterste Eifel, dorthin also, wo der Städter, wie er gern sagt, nicht mal tot überm Zaun hängen wollte. Dass ihr neues Revier Hengasch heißt und der Kreis Liebernich (beide natürlich fiktiv), mag die Selbstironie auf die Spitze treiben, ist aber im Vergleich zum sonstigen Humorniveau der Drehbücher fast schon plump. Die Geschichten leben gerade davon, dass ihre Figuren stets nur ein bisschen neben der Spur sind, was aber wiederum reicht, um regelmäßig zu Entgleisungen zu führen. Peters hat völlig Recht, wenn sie sagt, die Charaktere seien "eigenartig und nicht stromlinienförmig, aber trotzdem sympathisch". Manche der Menschen sind so schräg: Die kann sich die Marie Reimers beinahe nicht ausgedacht haben. Die Autorin ist übrigens selbst vor einigen Jahren von Köln in die Eifel gezogen.
Alte Fälle werden aufgerollt
Aber auch die "Fälle" sind ungewöhnlich. Kaum ist Haas, misstrauisch beäugt von den Einheimischen, in ihrem neuen Revier eingetroffen, wirft sie die Kriminalstatistik des Örtchens über den Haufen: Weil es in Hengasch allenfalls mal eine Schlägerei zu schlichten gibt, rollt sie diverse ältere Vorfälle auf, stößt tatsächlich auf diverse Ungereimtheiten und entlarvt scheinbar natürliche Todesfälle als Mord und Totschlag. Ihr ansteckender Ehrgeiz animiert sogar die gemütlichen Kollegen Bärbel Schmied und Dietmar Schäffer. Meike Droste und Bjarne Mädel profitieren zwar davon, dass Reimers ihre Rollen so wunderbar detailliert ausgefeilt hat, spielen sie aber auch mit herrlicher Hingabe. Gleiches gilt für Petra Kleinert als Schäffers eifrige Gattin, die in Sophies neuem Heim alsbald eine Invasion von Salzgebäckskulpturen startet. Nicht ganz in Bild passt allein Hans-Peter Hallwachs als Sophies Vater, der sie in die Eifel begleitet und womöglich als altersgleiche Identifikationsfigur fürs angejahrte ARD-Publikum dienen soll. Andererseits stört er auch nicht weiter.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).