Mönche unterstützen Demonstranten in Thailand

Mönche unterstützen Demonstranten in Thailand
Das Farbenspiel in dem festungsartigen Zeltlager in Thailands Hauptstadt Bangkok ist nicht eintönig rot, sondern wird durch das safrangelb der Roben buddhistischer Mönche aufgelockert, von denen seit Beginn der Besetzung von Bangkoks Einkaufs- und Geschäftsviertel Mitte März einige Hundert aus allen Teilen des Landes zur Unterstützung der Demonstranten nach Bangkok gekommen sind.
14.05.2010
Von Michael Lenz

Nachdem Premierminister Abhisit Vejjajiva seine "Roadmap zur nationalen Versöhnung" vorgestellt hat, halten die Anhänger der "Vereinigten Front für Demokratie gegen Diktatur" noch immer das Zentrum Bangkoks besetzt. Verschanzt hinter hohen Barrikaden aus Bambusstäben und Autoreifen stellen die wegen ihres Erkennungszeichens auch "Rothemden" genannten Demonstranten immer neue zusätzliche Forderungen, obwohl sie zunächst dem Kernpunkt der "Roadmap" zugestimmt haben: Auflösung des Parlaments und Neuwahlen im November.

Mönche unterstützen Demonstranten

Das Farbenspiel in dem festungsartigen Zeltlager hinter den Barrikaden ist aber nicht eintönig rot, sondern wird durch das safrangelb der Roben buddhistischer Mönche aufgelockert, von denen seit Beginn der Besetzung von Bangkoks Einkaufs- und Geschäftsviertel Mitte März einige Hundert aus allen Teilen des Landes zur Unterstützung der Demonstranten nach Bangkok gekommen sind. Im Erste-Hilfe-Zelt etwa in der Mitte des drei Quadratkilometer großen "roten Viertel" rund um die Ratchaprasong-Kreuzung fuchtelt ein Mönch mit einer großen, schwarzen Wasserspritze rum. "Wenn die es wagen, uns mit Tränengas anzugreifen, kann ich unseren Leuten damit die Augen auswaschen", sagt der Mönch, der seinen Namen nicht nennt, aber zumindest verrät, dass er aus Pattani im mehrheitlich muslimischen Süden Thailands stammt.

Buddhistische Mönche genießen den Ruf, besonders sanfte und friedfertige Zeitgenossen zu sein. Aber sie können auch anders, wie man schon von den Kampfmönchen im chinesischen Shaolin-Kloster weiß, von denen sich einige der Mönche im besetzten Bangkok etwas abgeguckt haben. Einer marschiert mit einer handvoll von Feuerwerksraketen übers Gelände, mit denen die militanteren Rothemden gerne mal auf Polizisten und Soldaten schießen. Ein anderer peitscht martialisch mit einem Bambusstock durch die Luft und macht damit klar, dass die Staatsmacht, sollte sie die Rothemdentrutzburg räumen wollen, mit ihm zu rechnen hat.

Mönchen wollen Frieden

Aus einem Zelt gleich am Lumpini-Park schallen eintönige Gesänge durch das rote Viertel. Mönche beten und mit ihnen ein paar der Demonstranten, die ehrfurchtsvoll vor den Mönchen knien. Nach der Andacht ist einer der Mönche zum Gespräch bereit. Er nennt sich Sam und es nicht klar, ob das sein Nome de Guerre ist, oder ob er aus lauter asiatischer Höflichkeit dem Ausländer nicht seinen schwierigen thailändischen Namen zumuten will. Als erstes stellt er auf Englisch klar: "Wir Mönche sind nicht politisch. Wir wollen Frieden." Dann kommt das "Aber": "Die Rothemden kämpfen für die richtige Sache. Die Regierung und Premierminister Abhisit sind Feinde des Buddhismus. Abhisit nennt uns alle Terroristen. Wie kann er das wagen? Die Regierung ist der Feind des Volkes." Und Feinde muss man eben mit allen Mitteln bekämpfen.

Buddhistische Mönche dürfen nicht politisch agieren. Das verbietet die Verfassung der Sangha, der Gemeinschaft der buddhistischen Mönche. Sie dürfen weder einer Partei angehören, noch an politischen Kundgebungen teilnehmen. Aber die politische Spaltung Thailands zwischen den Rothemden, die sich als Kämpfer für die Rechte der Armen, Arbeiter und Landbevölkerung verstehen, und der alte Elite des Landes hat längst auch die Stützen der Macht wie die Armee, die Polizei und eben auch die thailändische Staatsreligion Theravada-Buddhismus erreicht. "Die meisten hochrangigen Mönche in Thailand unterstützen die Rothemden", weiß Dr. Mano Mettanando Laohavanich, selbst ein ehemaliger Mönch und heutiger Politikprofessor an der Thammasat Universität in Bangkok.

Nur Mutige sind bei den Rothemden

Mettanando weiß aber auch, dass die meisten Mönche sich nicht trauen, sich offen zu den Rothemden zu bekennen. "Nur die ganz mutigen sind bei den Rothemden zu sehen. Die anderen halten sich bedeckt." Das mag für die Situation in Bangkok richtig sein, im bäuerlichen Isan, der Hochburg der Rothemden, ist das anders. Zwischen Udon Thani und Korat sind die Mönche sehr aktiv. Bei den täglichen Opferritualen, aber auch bei anderen Gelegenheiten wie Beerdigungen, verbreiten sie nicht nur das Wort Buddhas, sondern auch das der Rothemden, ihres Helden, des im September 2006 gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra und der ihm nahestehenden Puea-Thai-Partei. Damit helfen die Mönche die Zensur zu unterlaufen, die Tausende von Rothemdenunterstützerseiten im Internet gesperrt hat und immer wieder den Radio- und Fernsehsendern der UDD, wie die Rothemdenbewegung offiziell heißt, die Sendefrequenzen blockiert.

Mettanando erklärt die groben Bruchlinien innerhalb der Sangha. Maha Nikaya, die größte Strömung innerhalb des thailändischen Thervada-Buddhismus unterstütze mehrheitlich die Rothemden. Der durch seine Telekommunikationsunternehmen zum Milliardär gewordene Thaksin habe die Klöster der Maha Nikaya reichlich mit Spenden bedacht. "Aber es gibt noch einen anderen Grund. Nach den Gesetzen des Karmas muss Thaksin auch in seinen früheren Leben großzügig gespendet haben. Durch die Linse des Karmas gesehen ist Thaksin also das ideale Model karmatischer Gerechtigkeit." Mehrheitlich gegen die Rothemden seien die Mönche und Äbte des orthodoxeren Ordens Thammayut Nikaya.

Buddhas Lehren als Fundament der Politik

Dann gibt es noch Santi Asoke, eine fundamentalistische buddhistische Sekte, die aus dem offiziellen Sangha verbannt ist. Santi Asoke unterstützt offen die "Gelbhemden" der "People’s Alliance for Democracy" (PAD), eine dem thailändischen Establishment aus Monarchisten und Militär nahestehende Bewegung und damit die Erzfeinde der Rothemden. Die vegetarisch lebenden und immer Barfuss laufenden, in braune Robe gekleidete Santi-Asoke-Mönche, waren einstmals – wie alle führenden Köpfe der PAD - glühende Unterstützer von Thaksin. "Wir haben geglaubt, ein Milliardär ist frei von Korruption", sagte Pra Jan, der sich vage als "Medienmönch" von Santi Asoke beschreibt, vor zwei Jahren, als die PAD erst monatelang den Amtssitz des Ministerpräsidenten dann für acht Tage die beiden Flughäfen Bangkoks besetzt hatten. "Aber er hat uns belogen. Er war genauso korrupt wie alle anderen."

Deshalb wurde Santi Asoke ein Teil der Anti-Thaksin-Bewegung, die Thailand tief gespalten hat. Für den Medienmönch gehören Religion und Politik zusammen. "Der Buddhismus und die Lehren Buddhas müssen das Fundament der Politik sein." Noch ist unklar, wann die Rothemden endlich ihre Bangkokbesetzung einstellen werden. Klar ist jedoch das Schicksal, das die roten Mönche erwartet. Der "Ecclesiastical Council", das oberste Gremium der thailändischen Mönche, hat angekündigt, die Demo-Mönche umgehend aus dem Mönchstum auszuschließen.