Glücklose Islamkonferenz: ZMD endgültig raus

Glücklose Islamkonferenz: ZMD endgültig raus
Die Deutsche Islamkonferenz startet glücklos in die zweite Runde. Strittige und schwierige Themen mit sozialpolitischem Sprengstoff gibt es ohnehin genug für die "DIK II" ab kommenden Montag. Nun muss die Integrations-Konferenz aber auch noch mit Krach und Vorwürfen belastet an die Arbeit gehen, und zwar ohne den wichtigen islamischen Dachverband Zentralrat der Muslime (ZMD).

 Der ZMD am Mittwoch unerwartet nach mehreren Verhandlungen mit dem Bundesinnenministerium enttäuscht aus der Berliner Runde aus. "Wir sind einfach in jeder Beziehung gegen eine Wand gelaufen", sagte der ZMD-Vorsitzende Ayyub Axel Köhler der Nachrichtenagentur dpa.

Der Zentralrat mit Sitz in Köln habe sich die Entscheidung nach wochenlanger Prüfung nicht leicht gemacht, betonte Köhler. Die Hälfte der 2.500 Moscheegemeinden sei bei der Konferenz aber nicht vertreten, und das Innenministerium habe "über die Köpfe der Muslime hinweg" über Themen, Konzepte und personelle Zusammensetzung entschieden. Der ZMD empfindet die DIK II als eine "von der Bundesregierung verordnete Konferenz", die zu wenig verbindlich sei und damit ein reiner "Debattier-Club". Unter den Nägeln brennen den Muslimen Themen wie Diskriminierung und Islamfeindlichkeit, aber auch Islamophobie.

"Wir sind unglücklich darüber, dass in der Bevölkerung Ängste uns gegenüber bestehen. Das alles muss zentral auf die politische Agenda. Das gilt auch für die Islamfeindlichkeit. Aber uns wurde immer nur gesagt: Ja, ja, das wird angeschnitten, das machen wir beim Thema Extremismus." Auch bei der verlangten Anerkennung der islamischen Dachverbände als Religionsgemeinschaften habe das Ministerium blockiert. "Die wollten uns gar nicht entgegenkommen. Jetzt ist ein unbequemer Partner weg", meint Köhler, der erste DIK unter dem damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) dagegen ausdrücklich als einen Erfolg wertet.

Maizière: Fehlen des ZMD ist "bedauerlich"

Der jetzige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will als aktueller Gastgeber der Konferenz in den kommenden drei Jahren vor allem "praktische Fragen des Zusammenlebens zwischen Mehrheitsgesellschaft und Muslimen" angehen, wie er betont. "Das Fehlen des ZMD ist bedauerlich", sagte er, die DIK sei aber gut aufgestellt und werde ihre Ziele erreichen. Die Grünen halten dagegen: "Die Neuauflage der Islamkonferenz ist gescheitert, bevor sie begonnen hat." Der Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck macht dafür de Maizière verantwortlich, der bei Kommunikation und Gestaltung der Konferenz gepatzt habe.

Unter den 34 Beteiligten des DIK-II-Plenums sind auch zehn verbandsunabhängige Vertreter der säkularen Muslime, etwa die Rechtsanwältin Gönül Halat-Mec oder der Soziologe Turgut Yüksel. Daran hatten sich neben dem ZMD auch die Türkisch-Islamische Union Ditib und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) gestört, die von "willkürlicher" Auswahl und "Diskriminierung" der Verbände sprachen. Aber: Unter den Muslimen in Deutschland sind Schätzungen zufolge nur 10 bis 20 Prozent in Moscheegemeinden oder anderen Organisationen zusammengeschlossen. Die meisten Muslime sind eher weltlich orientiert, das berücksichtigt die DIK-Zusammensetzung.

Türkische Gemeinde: "Wir kriegen das auch ohne die hin"

Die Türkische Gemeinde Deutschlands (TGD) - neu bei der Islamkonferenz - hat kein Verständnis für den ZMD-Austritt. "Ich verstehe die Argumentation nicht, das sind Ausflüchte", sagt Serkan Tören, TGD-Vorstandsmitglied und integrationspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. "Der Zentralrat hat ein Eigentor geschossen. Es geht um die Lösung wichtiger praktischer Probleme im Zusammenleben, und da hat sich der Zentralrat jetzt selbst ausgeschlossen. Wir kriegen das aber auch ohne die hin." Der TGD hielt dem ZMD konservative Positionen bei strittigen Fragen wie dem Kopftuchverbot oder der Befreiung muslimischer Mädchen vom Sportunterricht vor.

Ebenfalls nicht mehr an der Konferenz beteiligt ist der Islamrat. Dessen größtes Mitglied Milli Görüs wird vom Verfassungsschutz beobachtet, gegen Top-Funktionär Oguz Ücüncü wird wegen schwerer Vorwürfe wie der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Die Suspendierung hatte für Empörung bei den großen Muslim-Dachverbänden gesorgt. Einige überlegten laut, ob sie aus Solidarität geschlossen aus der DIK austreten sollen. Sie werden am Montag aber mit von der Partie sein - jedoch nur mit einem "Ja, aber...".

dpa