Sicherungsverwahrung: 50.000 Euro für Gewaltverbrecher

Sicherungsverwahrung: 50.000 Euro für Gewaltverbrecher
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat einen Einspruch der Bundesregierung gegen ein Grundrechtsurteil über die nachträgliche Sicherungsverwahrung zurückgewiesen.

Damit ist die Verurteilung Deutschlands wegen einer nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung eines Gewaltverbrechers rechtskräftig. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wies am Dienstag die von der Bundesregierung beantragte Überprüfung ab.

Deutschland muss nun dem mehrfach vorbestraften Gewaltverbrecher, der die Beschwerde in Straßburg einreichen ließ, 50.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Der Kläger wird seit über 18 Jahren im hessischen Schwalmstadt in Sicherungsverwahrung gehalten, weil er immer noch als gefährlich eingestuft wird.

Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention

Der Gerichtshof widersprach mit dem Urteil dem Bundesverfassungsgericht, das 2004 die Beschwerde des Gewaltverbrechers zurückgewiesen hatte - mit dem Argument, Sicherungsverwahrung sei keine Strafe, sondern eine Maßregelung zum Schutz der Gesellschaft. Die Straßburger Richter befanden jedoch, dass Sicherungsverwahrung sehr wohl als Strafe zu betrachten sei.

Im Dezember hatte der EGMR in erster Instanz geurteilt, dass die rückwirkende Sicherungsverwahrung - nach dem Prinzip keine Strafe ohne Gesetz - ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention sei. Zum Zeitpunkt der Verurteilung des Mannes 1986 war die Sicherungsverwahrung auf zehn Jahre begrenzt. Diese zeitliche Begrenzung der Sicherungsverwahrung wurde in Deutschland erst 1998 aufgehoben.

Justizministerin gegen "Alarmismus"

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte nach dem Urteil eine umsichtige Diskussion. "Wir brauchen eine differenzierte Debatte über die Folgen und Perspektiven des heutigen Urteils und keinen Alarmismus", erklärte sie in Berlin. Die Konsequenzen müssten nun von den Staatsanwaltschaften und Gerichten im Einzelfall sorgfältig bewertet werden. Mit dem Urteil sei "ohne jeden Zweifel und abschließend geklärt, dass jede Gesetzgebung zu der Sicherungsverwahrung einem strikten Rückwirkungsverbot unterliegt".

dpa