TV-Tipp: "Ihr Auftrag, Pater Castell: Die Jesustafel" (ZDF)

TV-Tipp: "Ihr Auftrag, Pater Castell: Die Jesustafel" (ZDF)
Simon Castell, Geheimagent mit der Lizenz zum Beten, sucht im Auftrag des Vatikans nach der so genannten Jesustafel, jenem Holzstück, auf dem der Gekreuzigte als "König der Juden" (INRI) verhöhnt wurde.
11.05.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Ihr Auftrag, Pater Castell: Die Jesustafel", 13. Mai, 21.00 Uhr im Zweiten

Wenn’s um Reliquien geht, kommt unweigerlich Dan Brown ins Spiel. Schon die vorösterliche RTL-Jagd nach der "Heiligen Lanze" stand mit ihren geheimnisvollen Botschaften ganz im Zeichen des Bestsellerautors. Lorenz Stassen hat sich für sein Drehbuch zu diesem Auftakt einer neuen Castell-Staffel noch unverhohlener an den erfolgversprechenden Zutaten orientiert, mit denen Brown seine Thriller mixt; und das keineswegs bloß, weil der Titelheld verschlüsselte Rätsel lösen muss. Auch das Objekt seiner Schnitzeljagd durch diverse Kirchen könnte direkt aus einem Roman Browns stammen. Nach Lanze und Gral hat Stassen tatsächlich ein noch unverbrauchtes Heiligtum aus dem Umfeld der Kreuzigung gefunden: Simon Castell, Geheimagent mit der Lizenz zum Beten, sucht im Auftrag des Vatikans nach der so genannten Jesustafel, jenem Holzstück, auf dem der Gekreuzigte als "König der Juden" (INRI) verhöhnt wurde.

Mit Francis Fulton-Smith und Reiner Schöne

Auch die Rahmenhandlung könnte sich Brown ausgedacht haben. Als die Tafel, die angeblich heilende Kräfte besitzt, kurz vor einer Ausstellung verschwindet, kommt Castell (Francis Fulton-Smith) einer Verschwörung im Vatikan auf die Spur: Kardinal Sanchez (Reiner Schöne), ein finsterer Gegenspieler des Papstes, interpretiert den Verlust der Reliquie als letzten Beweis für die derzeitige Schwäche der Katholischen Kirche, die nicht mal in der Lage sei, ihr wichtigstes Heiligtum zu schützen. Mit Hilfe diverser Getreuer möchte Sanchez so rasch wie möglich die Führung im Vatikan an sich reißen, und natürlich geht Castell davon aus, dass die Verschwörer hinter dem Diebstahl stecken.

Würdiger Film dür Christi Himmelfahrt

Ein würdiger Stoff für eine Ausstrahlung an Christi Himmelfahrt, und erst recht genug Handlung, um den Sonderbeauftragten des Vatikans zum Auftakt der dritten Serienstaffel erstmals neunzig Minuten lang ermitteln zu lassen. An seiner Seite ist erneut die bayerische LKA-Beamtin Marie Blank (Christine Döring) mit von der Partie, und auch bei dieser Figur bleibt Stassen seinem Vorbild Brown treu: Über die Rolle einer Stichwortgeberin kommt die Polizistin nicht hinaus. Die Umsetzung der Geschichte bleibt allerdings einiges schuldig. So eindrucksvoll die Schauplätze des in Rom und auf Malta entstandenen Films auch sind: Die Inszenierung (Florian Kern) mutet oft ungelenk an und hätte gern etwas zugespitzter ausfallen können. Gerade die Zwischenschnitte auf die Nebenfiguren wirken zudem wenig elegant; bei Florian Martens und Frank Giering sehen die gelegentlichen Großaufnahmen aus wie ein Tribut an die Prominenz der Gastdarsteller. Ihre Besetzung wiederum war clever: Sie spielen Mitglieder der Schweizergarde, und aufgrund ihrer filmischen Vergangenheit traut man selbstredend beiden zu, führende Köpfe der Verschwörung zu sein.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).