Die Filmkritik der Woche: "Iron Man 2"

Die Filmkritik der Woche: "Iron Man 2"
Frieden schaffen mit noch mehr Waffen: Im Alleingang die Welt retten? Stressig. Kein Wunder, dass Robert Downey Jr. in "Iron Man 2" Ermüdungserscheinungen zeigt.
05.05.2010
Von Katharina Grimnitz

Die EINE Waffe, die alle Kriege beendet und den Weltfrieden garantiert, ist immer ein zweischneidiges Schwert. So auch in der "Iron Man"-Fortsetzung, in der sich Milliardär Tony Stark zu Beginn auf seine großartig selbstverliebte Art als One-Man-Heilsbringer feiern lässt. Durch sein Eingreifen in Krisenherden als unkaputtbarer Iron Man in selbstgeschmiedeter Ganzkörperrüstung mit Düsenantrieb hat er laut eigener Ansage "den Weltfrieden privatisiert". In den nächsten zwei Filmstunden geht es also darum, dem Welt-Ritter sein Monopol streitig zu machen.

[reference:nid=16933]

Seine Gegner sind jedoch nicht Terroristen und ähnliches Gesocks, sondern Landsleute und Geister aus der Vergangenheit: ein Zwergenaufstand von Regierungstypen, die verlangen, dass er dem Militär die Iron-Man-Technologie zu Verfügung stellt; der konkurrierende Waffenmagnat Justin Hammer; das russische Superhirn Ivan Vanko alias Whiplash, der über seinen Groll auf Tony Starks Vater zum Psychopathen mit elektrischen Peitschen geworden ist; Tonys Freund Rhodes, der ihn vor sich selbst beschützen will; schließlich Tonys leidgeprüfte Assistentin Pepper, die von Tony zur Geschäftsführerin ernannt wird und ihrem egomanischen, heimlich geliebten Boss durch fortwährende Gereiztheit zusetzt. Dann muss auch noch die Überleitung von Iron Man zu den "Avengers", der kommenden Verfilmung einer Heftchenserie des Comicbuchverlags Marvel, hergestellt werden.

Motto "Mehr ist mehr" dominiert

Wir erinnern uns: in einem vermeintlich übersättigten Comicfilmmarkt war "Iron Man" 2008 ein unerwarteter Hit. Iron Man ist einer der wenigen Selfmade-Übermenschen der Marvel-Comics. Der beste Spezialeffekt dieses Spektakels, das auch Zuschauer anzog, die Superhelden langweilig finden, war Robert Downey Jr.. Er verkörperte Tony Stark, dessen Charakter einst von Howard Hughes inspiriert wurde, als selbstironischen Großkotz und Hallodri, der Narrenfreiheit genießt und dem nonstop sarkastische Pointen aus dem Mund blubbern. Nach seiner Superhelden-Genese in Afghanistan war sein einziger Gegner sein Stellvertreter im Firmenvorstand, der ihn mit einem "Upgrade" seiner Rüstung zum scheppernden Zweikampf herausforderte. Am Ende bekehrte sich der dekadente Superkapitalist Stark zum Gutmensch und enthüllte vor der Presse sein Alter ego Iron Man.

Deshalb ist es schon enttäuschend, wie schnell in Teil 2 zum business as usual vieler Fortsetzungen zurückgekehrt wird und das Motto "Mehr ist mehr" dominiert. Regisseur Jon Favreau, der eine Nebenrolle übernahm, hegt den narzisstischen Zampano mit Gegnern und zerfasernden Handlungssträngen so sehr ein, dass Downey fast zur Nebensache wird. Der verquere Charme dieses Genies, das nur in seiner Werkstatt ganz bei sich ist und das trotz High-Tech-Schnickschnacks wie ein durchschnittlicher Schrauber wirkt, der sonntags am liebsten unter seinem Sportwagen liegt, bleibt bei den vielen unmotivierten Baustellen ziemlich auf der Strecke.

Langeweile kommt nicht auf

Während auf der Check-Liste für ein taschengeldstarkes Publikum allerlei Sensationen wie Autorennen, Roboter-Armeen à la "Star Wars", Scarlett Johansson im hautengen Battle-Dress und holographische Computerspielereien abgehakt werden, durchläuft Stark eine Entwicklung, für die Spider-Man drei Filme brauchte. Als vermeintlich Todgeweihter - der Elektrotransmitter in seiner Brust wird zunehmend marode – benimmt er sich daneben, als gäb’s kein Morgen, und wird zum egozentrischen Ekel. Allerdings ist Tony Stark per Definition ein überzwercher Charakter und feiert gern wilde Partys. Sein vermeintlich durchgeknalltes Betragen ist also nichts Neues.

Auch der Anblick von Mickey Rourke, wieder als Scheusal vom Dienst zurechtgemacht, wird keinem Zuschauer das Popcorn im Hals stecken lassen. Gwyneth Paltrow hat die undankbare Rolle der schmallippigen Gouvernante ihres schwer erziehbaren Chefs, und Don Cheadle spielt den kummervoll blickenden Bedenkenträger. Langeweile kommt in dem 200-Millionen-Dollar-Film nicht auf, aber die Redundanz dieses Aufgebots ist leider nicht zu übersehen.

USA 2010. Regie: Jon Favreau. Buch: Justin Theroux (nach den Comics von Stan Lee, Don Heck, Larry Lieber und Jack Kirby). Mit: Robert Downey Jr., Gwyneth Paltrow, Mickey Rourke, Scarlett Johansson, Don Cheadle. 125 Min. FSK: ab 12, ff.

epd