Urteil: Kirchenmitglieder müssen Kirchensteuer zahlen

Urteil: Kirchenmitglieder müssen Kirchensteuer zahlen
Die katholische Kirche hat sich mit ihrer Einschätzung durchgesetzt: Kirchenmitglieder müssen auch Kirchensteuern zahlen. Das hat ein Gericht in Mannheim entschieden.

Wer Mitglied einer der beiden großen Kirchen in Deutschland bleiben will, muss weiter Kirchensteuern zahlen. Ein Austritt allein aus der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit aus der Kirchensteuerpflicht sei nicht statthaft, entschied der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof in Mannheim am Dienstag. Entsprechende Zusatzerklärungen auf dem Austrittsformular seien nicht zulässig. Das Erzbistum Freiburg und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken begrüßten die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, der eine Revision nicht zuließ. (AZ: 1 S 1953/09)

Damit ist der Austritt des Freiburger Kirchenrechtlers Hartmut Zapp ungültig. Der pensionierte Hochschulprofessor hatte in seinem Austrittsformular die Kirche mit dem schriftlichen Zusatz "römisch-katholisch, Körperschaft des öffentlichen Rechts" versehen. Wegen dieser Ergänzung ist der von der südbadischen Stadt Staufen bescheinigte Austritt nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs ungültig. Es gab der Erzdiözese Freiburg recht, die die Gültigkeit des Austritts bestritten hatte.

Nach Ansicht des Erzbistums Freiburg sichert das Urteil "Steuergerechtigkeit und Rechtsklarheit". Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs schütze "alle Frauen und Männer, die katholisch sind und mit ihren Beiträgen die Arbeit der katholischen Kirche mitfinanzieren, vor Steuerungerechtigkeit".

Zustimmung aus der Kirche

Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken begrüßte die Entscheidung, mit der die Sichtweise der katholischen Kirche in Deutschland erkannt werde. Die Mitgliedschaft in der katholischen Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts und die Mitgliedschaft in der katholischen Kirche als Religionsgemeinschaft seien in Deutschland untrennbar, sagte der Präsdent des Zentralkomitees, Alois Glück.

Der Staatsrechtler Gerhard Robbers wandte sich dagegen, innerkirchliche Folgen eines Kirchenaustritts vom Staat klären zu lassen. "Was ein Kirchenaustritt nach staatlichem Recht innerkirchlich bedeutet, sollte in der Kirche selbst und nicht mit Hilfe staatlicher Behörden ausgetragen werden", sagte der in Trier lehrende Rechtswissenschaftler in einem epd-Gespräch.

In dem Fall des emeritierten Kirchenrechtsprofessors Hartmut Zapp, der zwar katholisch, aber nicht mehr Mitglied der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts bleiben wolle, werde der Staat eingespannt, um eine theologische Frage auszufechten. "Das ist ein Missbrauch des Staates und eine Missachtung der Kirche", ergänzte Robbers, der auch dem Präsidiumsvorstand des Deutschen Evangelischen Kirchentages angehört.

Rechtliche Gültigkeit

Die Mannheimer Richter unter Vorsitz von Gerichtspräsident Karl-Heinz Weingärtner entschieden, Austrittserklärungen vor dem Standesamt müssten nach dem Kirchensteuergesetz Baden-Württemberg eindeutig und ohne Bedingungen und Zusätze sein. Ein Kirchenaustritt sei unwirksam, wenn er isoliert nur diejenigen Rechtsfolgen beseitigen soll, die eine Kirchenmitgliedschaft im Bereich des staatlichen Rechts hat.

Bei einem Kirchenaustritt müsse der Staat nur die rechtliche Gültigkeit des Austritts prüfen. Welche kirchenrechtlichen Auswirkungen dies nach sich zieht, sei nicht Aufgabe staatlicher Gerichte. Ob es eine Kirchenmitgliedschaft ohne Kirchensteuerpflicht geben könne, sei "allein eine innerkirchliche Angelegenheit", hieß es weiter.

Die Erklärung vor dem Standesamt müsse erkennen lassen, dass sich der Betroffene ernsthaft und vollständig von der Religionsgemeinschaft lossagen wolle, hieß es weiter. Wer den Kirchenaustritt auf die "Körperschaft des öffentlichen Rechts" beschränke, aber gleichwohl in einer auch für den Staat erkennbaren Weise aktives Mitglied seiner Kirche bleiben wolle, erfülle die Anforderungen des Gesetzes nicht.

Staatlicher Akt

Würde der Staat dem einzelnen Gläubigen die Möglichkeit eines bloßen "Kirchensteueraustritts" eröffnen, verstieße er gegen das Grundgesetz. Danach sind diejenigen Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, dazu berechtigt, Kirchensteuern auf der Grundlage der staatlichen Steuerlisten zu erheben.

Dagegen ist Zapp der Auffassung, der Kirchenaustritt sei nur ein staatlicher Akt. "Ich bin gläubiger Katholik und das ist Tatsache", hatte er bei der mündlichen Verhandlung gesagt. Er sei lediglich aus der Körperschaft, nicht aus der Glaubensgemeinschaft ausgetreten. Der Kirchenrechtler hofft, dass auf das Gerichtsurteil eine innerkirchliche Klärung erfolgt.

epd