Maikundgebungen: Gutes Geld für gute Arbeit

Maikundgebungen: Gutes Geld für gute Arbeit
Zum Tag der Arbeit am 1. Mai gibt es in ganz Deutschland wieder viele Kundgebungen, die auf die schlechte Lage am Arbeitsmarkt hinweisen und einen starken Sozialstark fordern.

Pünktlich zum Tag der Arbeit konnte die Arbeitsagentur in Nürnberg jüngst positive Zahlen melden, die Arbeitslosigkeit sinkt, selbst die Anträge für Kurzarbeit sind rückläufig. Aktuell sind 3,4 Millionen Menschen in Deutschland ohne Beschäftigung, 178.000 weniger als noch vor einem Jahr. Allerdings: Die gute Zahl kam auch deswegen zustande, weil die die Statistik im vergangenen Mai geändert wurde. Trotzdem scheint es, dass der Arbeitsmarkt die weltweite Krise gut durchstehen kann.

450 Veranstaltungen bundesweit

Gerade zum Tag der Arbeit sehen die Gewerkschaften nicht nur die nackten Zahlen aus Nürnberg. Für sie stehen die starke Zunahme unsicherer Beschäftigung und die Wirtschaftskrise im Mittelpunkt der großen Demonstrationen. Fast 450 Veranstaltungen bundesweit sind nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) angemeldet, deutlich mehr als 2009. Das Motto lautet "Wir gehen vor. Gute Arbeit. Gerechte Löhne. Starker Sozialstaat." Eine Woche vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ist die Hauptkundgebung mit DGB-Chef Michael Sommer in der Essener Innenstadt geplant. Allein dazu werden laut Polizei rund 2.500 Teilnehmer erwartet.

"Auf tausenden von 1. Mai-Kundgebungen in Europa, ja in der ganzen Welt beherrscht ein Thema alle Kundgebungen: die Krise. Denn wir leben nicht im Jahr eins nach der Krise, sondern im Jahr drei der Krise", sagte Sommer vorab. Schon vor einem Jahr hatte der DGB-Chef am 1. Mai "skrupellose Casino-Kapitalisten und gewissenlose Spekulanten" scharf attackiert. Seitdem sei wenig passiert und viel Zeit verloren worden, sagte eine DGB-Sprecherin.

Die sogenannte prekäre Beschäftigung - geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, Teilzeit- und Leiharbeit - hat nach Studien rasant zugenommen. Nach einer neuen DGB-Studie ist etwa in NRW der Anteil der Beschäftigten in sozialversicherungspflichtigen Jobs auf 66,8 Prozent im vergangenen Jahr gesunken. 2005 habe die Quote noch bei 72,8 Prozent gelegen. "Immer weniger Menschen können ihr Leben auf normaler Arbeit aufbauen", sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende in NRW, Sabine Graf.

Kritik von Präses Schneider

Diese Entwicklung kritisiert auch der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider: "Geld ist noch kein Wert an sich, sondern Werte entstehen erst durch die Arbeit der Menschen, deswegen müssen sie wieder im Mittelpunkt stehen. Dies hat Konsequenzen, jede Arbeit verdient einen gerechten Lohn. Wer Vollzeit arbeitet, muss mit dem Verdienst für diese Arbeit auch seinen Lebensunterhalt bestreiten können."

Um die zu verdeutlichen, dass ein Lohn den Lebensunterhalt gewährleisten können muss, wollen die Gewerkschaften unter anderem eine Heraufsetzung des Mindestlohns ansteuern. Zum DGB-Bundeskongress Mitte Mai in Berlin liegt bereits ein Antrag auf 8,50 Euro statt wie bisher 7,50 Euro Mindestlohn vor.

Dem Aufruft des DGB für mehr Gerechtigkeit in der Arbeitswelt haben sich beispielsweise auch der Kirchliche Arbeitsdienst (KDA) in Thüringen und Bayern angeschlossen – insbesondere, was den starken Sozialstaat angeht. Ohne starke Gewerkschaften sei der Sozialstaat gefährdet, heißt es beim KDA Bayern. Die Entkoppelung der sozialen Sicherung von der Arbeitsleistung der Menschen destabilisiere die Gesellschaft. Gewerkschaften und Kirchen sollten die Kraft besitzen, wirksam gegen Klientelpolitik und Lobbyismus und für soziale Gerechtigkeit einzutreten. Wie sich strukturelle Probleme auf den Einzelnen auswirken, hat Sozialsekretär Norbert Feulner häufig erlebt, jüngst erst bei der Pleite von Quelle. "Der Begriff des Eigenturms schließt nicht das Recht zur Herrschaft über den Menschen ein", sagt Feulner. "Denn wer heute auf seine Arbeitnehmerrechte verzichtet, den trifft es morgen nur noch schlimmer; das ist eine historische Wahrheit", mahnt Feulner.

fra/dpa