Werbeverbot: ARD-Vorsitzender beklagt "Medienkrieg"

Werbeverbot: ARD-Vorsitzender beklagt "Medienkrieg"
In der Debatte um ein Werbeverbot für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten hat der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust von einem "erbitterten Medienkrieg" gesprochen. "Werbung trägt wesentlich zur Entlastung der Gebührenzahler bei", sagte er am Mittwoch nach der ARD-Hauptversammlung in Leipzig. Ein Verbot entspreche nicht seinen Vorstellungen von Marktwirtschaft. Der vollständige Wegfall der Werbeeinnahmen für ARD und ZDF hätte eine um 1,42 Euro pro Monat erhöhte Rundfunkgebühr zur Folge, betonte Boudgoust.

Der ARD-Vorsitzende kritisierte auch einen Vorschlag des RTL-Managers Tobias Schmid. Dieser hatte kürzlich erklärt, wenn die ARD zunächst nur auf Fernsehwerbung verzichte und weiter Radiowerbung betreibe, müsse die Rundfunkgebühr lediglich um 50 Cent pro Monat steigen. Auch das Sponsoring öffentlich-rechtlicher TV-Sportsendungen wäre dem Vorschlag zufolge weiter möglich. Boudgoust sagte, Schmids Idee könne "keine seriöse Rechnung ersetzen". Die Werbeeinnahmen trügen außerdem dazu bei, "eine Medienordnung zu erhalten, die zu den vielfältigsten in ganz Europa gehört".

Die Bundesländer diskutieren zurzeit ein Werbeverbot. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) plädiert dafür, dass ARD und ZDF stufenweise aus Fernsehwerbung und Sponsoring aussteigen sollen. Auch Politiker anderer Parteien schlossen sich der Forderung an.

Seite der Wirtschaft

Nach Auffassung des Vorsitzenden des Rundfunkrates des Bayerischen Rundfunks (BR), Bernd Lenze, muss in der Werbe-Debatte auch die Seite der Wirtschaft betrachtet werden. Mit einem Werbeverbot nähme man Flächen für die Vermarktung von Produkten weg, sagte er in Leipzig. Lenze vertritt im BR-Rundfunkrat die Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern.

Angesichts der Diskussion um öffentlich-rechtliche Inhalte im Internet sprach Boudgoust von einem "inszenierten Medienkrieg". Mehr als 100.000 Dokumente seien wegen neuer Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags aus dem Netz genommen worden. Dies bedeute eine Schwächung des ARD-Angebots, "die wohl von den Wettbewerbsteilnehmern so intendiert war", sagte Boudgoust. Allein der NDR habe mehr als die Hälfte seines Online-Archivs gelöscht.

Mehmet Scholl soll Günter Netzer ersetzen

Die ARD-Anstalten hielten sich gesetzestreu an die Vorgaben, "auch wenn vieles davon uns überhaupt nicht gefällt", sagte Boudgoust. Mit Blick auf den Vorwurf, die ARD betreibe im Internet eine Expansionsstrategie, verwies er auf die positiven Umsatzergebnisse privater Fernsehsender sowie einzelner Verlage wie beispielsweise Springer. Diese zeigten, "dass Deutschland der profitabelste Markt für kommerzielle Programme in Europa ist".

Bei der Hauptversammlung haben die Intendanten auch Personalentscheidungen getroffen. So soll der ehemalige Fußballprofi Mehmet Scholl in der Nachfolge von Günter Netzer als ARD-Fußballexperte unter anderem Live-Übertragungen begleiten. Scholl ist bereits seit 2008 als ARD-Experte tätig, Netzer scheidet auf eigenen Wunsch nach der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika aus. Daneben wurde auch der Vertrag für den "Nachtmagazin"-Moderator Ingo Zamperoni verlängert.

epd