Als sich sechs deutsche Landesrundfunkanstalten im Juni 1950 zur Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) zusammenschlossen, hätte vermutlich niemand vorherzusagen vermocht, dass aus diesem Senderverbund eines der größten öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen der Welt werden sollte. Von Fernsehen war Anfang der 50er Jahre noch kaum die Rede, die Sender (Bayerischer Rundfunk, Hessischer Rundfunk, Radio Bremen, Süddeutscher Rundfunk, Südwestfunk und Nordwestdeutscher Rundfunk), die damals die ARD gründeten, sendeten nur jeweils ein Radioprogramm auf Mittelwelle.
Ziel der von den Alliierten gegründeten Rundfunkanstalten war damals nicht etwa, den Hörfunk in der jungen Bundesrepublik zu vereinheitlichen. "So wenig Einheit wie möglich, soviel wie nötig", so beschrieb Hans Bausch, der von 1958 bis 1989 Intendant des Süddeutschen Rundfunks war, die frühe ARD-Philosophie. Die Satzung der Arbeitsgemeinschaft benennt als Ziel unter anderem die "Bearbeitung gemeinsamer Fragen des Programms sowie gemeinsamer Fragen rechtlicher, technischer und betriebswirtschaftlicher Art."
Das Erste
Als das Deutsche Fernsehen am 1. November 1954 als Gemeinschaftsproduktion der ARD-Anstalten auf Sendung ging, war das Fernsehen noch weit davon entfernt, ein Massenmedium zu sein. 1955 gab es lediglich 100.000 Fernsehteilnehmer, die "Tagesschau" lief bis zum 1. Oktober 1956 nur dreimal in der Woche.
Genau ein Jahr später wurde in der "Tagesschau" der millionste Fernsehzuschauer vorgestellt. Von nun an war der Siegeszug des neuen Massenmediums Fernsehen nicht mehr aufzuhalten. Doch noch bis in die 60er Jahre hinein blieb der Hörfunk das wichtigere Medium. Am 1. Januar 1960 hatte die ARD 3,4 Millionen Fernseh- und 16 Millionen Hörfunkteilnehmer.
Poleposition auf der Fernbedienung
Inzwischen ist das Kürzel ARD für viele zum Synonym für das Erste, wie das gemeinsame Fernsehprogramm der ARD inzwischen heißt, geworden. Dem Ersten sichert das Erstgeburtsrecht bis heute den vorderen Platz auf vielen Fernbedienungen. Diese Pole Position ist im Zeitalter der digitalen Unübersichtlichkeit nicht zu unterschätzen.
Die föderale Verfasstheit der ARD gilt als Segen und Fluch. Zum einen gilt die Binnenkonkurrenz der Sender als Garant für Vielfalt: Die Krimireihe "Tatort" etwa, für die alle ARD-Sender zuliefern, lebt von den unterschiedlichen Kommissaren und Kommissarinnen, die zwischen Kiel und Bodensee ermitteln und so ein sehr facettenreiches Bild von Deutschland in die Wohnzimmer bringen.
Zum anderen jedoch sind die Entscheidungsprozesse oft langwieriger als im zentralistisch orientierten ZDF und den Privatsendern. Wegen der manchmal schwierigen Abstimmungsprozesse wird das Kürzel ARD intern gern mit "Alle reden durcheinander" übersetzt.
Sieben Dritte TV-Programme
Der Medienforscher Lutz Hachmeister hält die ARD heute dennoch für stärker denn je. Der Senderverbund genieße einen starken politischen Rückhalt bei den Ministerpräsidenten, sagt der Direktor des Berliner Instituts für Medienpolitik. Viele Politiker seien enttäuscht darüber, dass sich die Privatsender publizistisch und ökonomisch nicht so entwickelt hätten wie sie es sich erhofft hatten. Die Symbiose der ARD-Anstalten mit der Politik hält Hachmeister jedoch zugleich für eine große Gefahr.
Heute zeichnet die ARD neben dem Ersten verantwortlich für sieben Dritte TV-Programme und die drei Digitalkanäle EinsFestival, EinsPlus und EinsExtra. Gemeinsam mit dem ZDF veranstaltet die ARD den Kinderkanal KI.KA und den Ereignis- und Dokumentationskanal Phoenix. Außerdem beteiligt sie sich wie das ZDF am europäischen Kulturkanal ARTE und an 3sat. Die ARD-Sender verbreiten insgesamt 56 analoge Radiowellen, hinzu kommen digital und über Satellit verbreitete Programme wie Bayern plus, Bayern Mobil, MDR Klassik, WDR Info oder SWR Cont.ra.
Ihren 60. Geburtstag feiert die ARD in der kommenden Woche mit mehreren langen Nächten, in denen sie Programmhöhepunkte zeigt, und zwei TV-Shows am 15. und 17. April.
epd