Kundus: Drei Bundeswehrsoldaten bei schweren Gefechten getötet

Kundus: Drei Bundeswehrsoldaten bei schweren Gefechten getötet
Bei einem der schwersten Gefechte zwischen Aufständischen und der Bundeswehr in Afghanistan sind am Freitag drei deutsche Soldaten getötet worden. Fünf weitere Soldaten wurden in den stundenlangen Kämpfen mit radikal-islamischen Taliban im Unruhedistrikt Char Darah nahe des deutschen Feldlagers Kundus schwer verletzt.

Das bestätigte der Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam der Nachrichtenagentur dpa. Damit erhöht sich die Zahl der in Afghanistan seit Beginn des Einsatzes Anfang 2002 gestorbenen deutschen Soldaten auf 39. Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) hielt sich am Freitag in Nordafghanistan auf und erfuhr im Hauptquartier des Regionalkommandos Nord in Masar-i-Scharif von den Todesopfern. Das Einsatzgebiet der Bundeswehr im Norden Afghanistans war lange vergleichsweise ruhig, wurde dann aber immer gefährlicher. Inzwischen gehören Gefechte mit Aufständischen zum Einsatz-Alltag der Bundeswehr.

Eine deutsche Patrouille sei am Freitag zunächst von Taliban-Kämpfern beschossen worden, sagte der Distriktchef Abdul Wahid Omarchel der dpa. Mindestens ein Taliban-Kommandeur sei verletzt worden. Dorfbewohner berichteten von zahlreichen zerstörten Häusern. Hubschrauber brachten die verletzten deutschen Soldaten ins Feldlager Kundus.

Char Darah gilt als gefährlichster der sechs Distrikte in der nordafghanischen Provinz Kundus. Von dort aus feuerten die Taliban in der Vergangenheit wiederholt Raketen auf das deutsche Lager ab. Im Norden Afghanistans sind derzeit etwa 4500 deutsche Soldaten stationiert.

Der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sieht die Rechtfertigung für den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan schwinden und fordert eine Abzugsperspektive. "Der Konflikt in Afghanistan ist aus dem Ruder gelaufen", sagte Schneider dem "Hamburger Abendblatt" (Samstagsausgabe), noch bevor der Tod der Soldaten bekannt wurde. Der rheinische Präses nannte die Legitimation des Einsatzes "äußerst brüchig": "Und wir laufen Gefahr, dass der Einsatz völlig seine Legitimation verliert."

"Wenn es die Politik nicht deutlich sagt, dann sagen wir es als Kirche: Was in Afghanistan passiert, ist Krieg", sagte Schneider. Der oberste Repräsentant von 25 Millionen Protestanten in Deutschland schloss sich damit der Kritik seiner Ende Februar wegen Alkohols am Steuer zurückgetretenen Amtsvorgängerin Margot Käßmann an, die in Interviews und Predigten zum Jahreswechsel den deutschen Einsatz am Hindukusch infrage gestellt und damit teils heftige Kritik geerntet hatte. Insbesondere der Satz "Nichts ist gut in Afghanistan" erntete in der Politik vielfach Widerspruch.

"Dieser Satz war zugespitzt und hat eine wichtige Wirkung entfaltet. Insofern war er gut", sagte Schneider. "Wir müssen aufräumen mit der Selbsttäuschung unserer Gesellschaft, die die Bundeswehr lange als besseres Technisches Hilfswerk gesehen hat, die Brücken baut, Brunnen bohrt und Wasserleitungen legt", verlangte er. Tatsächlich gehe es darum, den zivilen Wiederaufbau militärisch zu sichern. "Dabei wird man beschossen, man schießt zurück, und man tötet Menschen", sagte Schneider.

Deutschland dürfe nicht "zu so etwas wie einem langjährigen Besatzer" werden, forderte der Theologe: "Es gibt einen entscheidenden Impuls der USA für eine Exit-Strategie. In deren Windschatten muss sich auch für uns eine Abzugsperspektive ergeben."

epd/dpa